Seit dem Inkrafttreten der verschärften ungarischen Einwanderungsgesetze am 15. September wurden laut Behörden insgesamt 670 Strafverfahren gegen Migranten wegen illegalem Grenzübertritt an der mit einem Drahtzaun gesicherten ungarisch-serbischen Grenze eingeleitet. In den Medien wird kritisiert, dass mehr als 160.000 "völlig Fremde" von den Behörden durch Ungarn an die österreichische Grenze geschleust wurden, da die Polizei seit Jänner über 340.000 Flüchtlinge ermittelte, von denen nur 176.000 eine Asylantrag stellten.

Hinsichtlich der genehmigten Asylanträge gibt es unterschiedliche Zahlen. Während das ungarische Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft (BAH) seit Jänner in 400 Fällen Entscheidungen hinsichtlich "irgendeines internationalen Schutzes" getroffen haben will, berichtet das Portal "Origo.hu" von nur 73 Asylanträgen, die im ersten Halbjahr genehmigt wurden. Lediglich 22 Migranten hätten einen Arbeitsplatz finden können. Allein diese niedrige Zahl würde gegen Besorgnisse der ungarischen rechtskonservativen Regierung sprechen, nach denen Flüchtlinge den Ungarn die Arbeit wegnehmen würden. Auf Nachfrage bei großen ungarischen Arbeitgebern hinsichtlich der Anstellung von Flüchtlingen gab nur eine landesweite Warenhauskette eine positive Antwort.

Soziologen betonten gegenüber "Origo.hu" die Notwendigkeit der Ansiedlung von Migranten in Ungarn. Innerhalb von Jahrzehnten hätten mehr Menschen Ungarn verlassen als ankamen. Könne hier kein Ersatz gesichert werden, würde die ungarische Bevölkerung, die heute rund zehn Millionen beträgt, im Jahre 2060 nur noch sieben Millionen ausmachen, wobei jeder dritte Bürger über 65 Jahren alt sein werde.

Laut dem Portal "Nol.hu" am Samstag hat Premier Viktor Orban einen "neuen Vorwand" gefunden, um Grenzen zu schließen. Es sollen obligatorische Gesundheitskontrollen für Asylantragsteller eingeführt werden. Alle anderen "Durchreisenden" würden befreit. Die Antragsteller dürften die Transitzonen an der ungarischen Grenze nur nach erfolgter Gesundheitsuntersuchung verlassen. Was mit ihnen im Krankheitsfalle geschieht, wird nicht angeführt. Dieser Plan, dem das Parlament noch zustimmen muss, würde laut Portal jedoch eher dazu dienen, dass die ungarische Regierung unter Berufung auf Epidemiegefahr seine Schengen-Grenzen schließen kann.

Unterdessen dauern die Verstimmungen zwischen den EU-Nachbarländern Ungarn und Kroatien im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise an. Ungarns Außenminister Peter Szijjarto warf dem kroatischen Ministerpräsidenten Zoran Milanovic vor, Ungarn "beleidigt" zu haben, und bestellte den kroatischen Botschafter in Budapest ein. Milanovic habe nach Angaben der kroatischen Internetplattform "index.hr" gesagt, Ungarn sei "der Blinddarm Europas", teilte das Außenministerium in Budapest am Freitagabend mit.

Zwischen den Regierungen beider Länder herrschen Spannungen, seitdem Ungarn Mitte September seine Grenze zu Serbien abgeriegelt und somit die Flüchtlingsroute nach Kroatien umgeleitet hat. Kroatiens Behörden bringen seither täglich Tausende Flüchtlinge an die ungarische Grenze, von wo sie von ungarischen Behörden an die österreichische Grenze gebracht werden. Ungarn hat Kroatien mehrfach Unfähigkeit im Management der Flüchtlingskrise vorgeworfen und gedroht, Kroatiens Beitritt zur grenzkontrollfreien Schengen-Zone zu blockieren.