Der Chefredakteur der türkischen oppositionellen Tageszeitung "Today's Zaman", Bülent Kenes, ist festgenommen worden. Kenes, so berichtete der Sender CNN Türk am Freitag, sei von Polizisten aus seinem Istanbuler Büro abgeführt worden. Dem Chefredakteur werde vorgeworfen, Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan über den Kurznachrichtendienst Twitter beleidigt zu haben.

Festnahme live übertragen

Die Festnahme wurde live in türkischen Medien übertragen. Kenes, der erst im Juni wegen Beleidigung Erdogans zu einer Bewährungsstrafe von 21 Monaten verurteilt wurde, wies die Anschuldigung zurück. Er habe sein Recht auf freie Meinungsäußerung ausgeübt.

Die "Today's Zaman" ist die englischsprachige Version der türkischsprachigen Tageszeitung "Zaman", die der Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fetullah Gülen nahesteht. Der frühere Weggefährte Erdogans gilt heute als scharfer Kritiker und Feind des Präsidenten.

Vor der Parlamentswahl vom 1. November häufen sich die Übergriffe auf regierungskritische Journalisten und Medien. Ebenfalls am Freitag wurde der Kolumnist der regierungskritischen Tageszeitung "Söczu", Necati Dogru, zu einer Haftstrafe von elf Monaten und 20 Tagen verurteilt. Dogru werde ebenfalls vorgeworfen, Präsident Erdogan in einem Artikel beleidigt zu haben, wie die Nachrichtenagentur Dogan meldete.

Am Donnerstag teilte der Kabelfernsehbetreiber Digitürk mit, auf Anweisung der Staatsanwaltschaft die Sender Bugün TV, Kanaltürk und Samanyolu Haber aus dem Programm zu nehmen. Auch die vier Stationen stehen dem Prediger Gülen nahe.

Am 1. Oktober wurde der renommierte Journalist Ahmet Hakan, der für die regierungskritische Tageszeitung "Hürriyet" schreibt, vor seiner Haustür von vier Männern zusammengeschlagen. Türkische Medien berichteten, dass drei der Schläger der regierenden AKP angehören.