Die Flüchtlinge sollen zunächst im schwedischen Lulea in einem Flüchtlingslager untergebracht werden. Keiner der Migranten hat Angehörige in Schweden. Sie waren in den vergangenen Wochen in Italien eingetroffen, nachdem sie das Mittelmeer überquert hatten, und danach in Aufnahmezentren auf Sizilien und in Rom gekommen.

Schweden rechnet für dieses Jahr mit mehr als 150.000 Flüchtlingen. Nichts lasse darauf schließen, dass der Flüchtlingszustrom in unmittelbarer Zukunft zurückgehe, sagte Ministerpräsident Stefan Löfven am Freitag. Daher sei diese Zahl realistisch.

"Was gerade passiert, ist eine der größten humanitären Operationen in der schwedischen Geschichte", fügte der Regierungschef hinzu. Die Einwanderungsbehörde des Landes war bisher von 74.000 Flüchtlingen in diesem Jahr ausgegangen. Allein in den vergangenen sieben Tagen haben der Behörde zufolge 8.900 Menschen in Schweden Asyl beantragt.

"Ich war 17 Tage lang in Italien, wo ich nach einer zweitägigen Seefahrt von Libyen eingetroffen bin. Ich bin froh, nach Schweden zu kommen, ein demokratisches und freies Land. Hier will ich studieren, um Rechtsanwalt zu werden. Italien ist zwar ein schönes Land, es gibt aber keine Arbeit", sagte ein 26-jähriger Flüchtling bei der Abfahrt.

EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos, der für Migration zuständige Luxemburger Außenminister Jean Asselborn und Italiens Innenminister Angelino Alfano verabschiedeten die Migranten am Flughafen. Avramopoulos bezeichnete den Beginn der Umverteilung der Flüchtlinge als "historischen Tag für Europa" und ein Signal der großen europäischen Solidarität sowohl gegenüber bedürftigen Menschen als auch gegenüber anderen Mitgliedsstaaten.

Innenminister Alfano erklärte, Italien wolle enger mit den afrikanischen Ländern für die Rückführung von Migranten ohne Recht auf Asyl zusammenarbeiten. "Die afrikanischen Länder sollen wissen, dass wir ihnen Finanzierungen für die internationale Kooperation sichern, wenn sie uns bei der Heimführung der Migranten unterstützen", sagte Alfano.

Die italienische Sprecherin des UNO-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR), Carlotta Sami, meinte, dass die Umverteilung von Migranten zur "Routine" werden müsse. "Wichtig ist, Wege zu bestimmen, mittels derer Personen auf legale Weise nach Italien gelangen können, ohne ihr Leben auf dem Mittelmeer zu riskieren und Schlepperbanden zu bereichern", so Sami.

Nach der Abreise der Flüchtlinge wollten Avramopoulos und Asselborn ein Aufnahmezentrum auf der italienischen Insel Lampedusa besuchen. Danach wollten sie nach Griechenland weiterreisen, wo sie am Samstag mit Ministerpräsident Alexis Tsipras zusammentreffen sollten.

Die EU-Staaten hatten nach langen Debatten beschlossen, Flüchtlinge aus Griechenland und Italien auf andere Länder umzuverteilen. Insgesamt geht es um die Verteilung von 160.000 Flüchtlingen innerhalb Europas.

Tschechien bemängelt angebliche rechtliche "Unklarheiten" im Zusammenhang mit der beschlossenen Umverteilung von 120.000 Flüchtlingen innerhalb Europas. Die bisher erhaltenen Antworten seien "unzureichend" und "unkonkret", teilte das Innenministerium in Prag am Freitag mit.

Ressortchef Milan Chovanec hatte sich zuvor an die luxemburgische EU-Ratspräsidentschaft mit der Frage gewandt, "ob Mitgliedsstaaten den Beschluss ablehnen oder mittels eines Vetos ihres nationalen Parlaments blockieren können". Zudem wollte er wissen, ob eine Umverteilung von Flüchtlingen gegen den Willen einzelner Länder gegen die EU-Grundrechtecharta verstoße. Tschechien hatte neben Rumänien, Ungarn und der Slowakei gegen die Regelung gestimmt.

Die Präsidenten Ungarns, Polens, Tschechiens und der Slowakei warfen der EU unterdessen vor, in der Flüchtlingskrise zu versagen. Die Europäische Union sei unfähig, ihre Grenzen zu schützen, sagten die Staatschefs der vier Visegrad-Länder am Freitag zum Abschluss ihres zweitägigen Treffens im ungarischen Plattensee-Ort Balatonfüred, wie die staatliche ungarische Nachrichtenagentur MTI meldete. Sondergast bei dem turnusmäßigen Treffen war Kolinda Grabar-Kitarovic, Präsidentin des besonders von der Flüchtlingskrise betroffenen Kroatien.

Tschechiens Staatschef Milos Zeman sagte, die EU erweise sich derzeit als unfähig, die eigenen Außengrenzen zu schützen. Zeman, Gastgeber Janos Ader, Polens Präsident Andrzej Duda und dessen slowakischer Kollege Andrej Kiska forderten Brüssel auf, in der Flüchtlingsfrage entschlossener zu agieren. Kiska betonte, innerhalb der EU sei mehr Solidarität notwendig, damit es zu keiner neuen Spaltung zwischen alten und neuen EU-Mitgliedsstaaten komme.

Tausende Flüchtlinge wandern täglich über Kroatien Richtung Westeuropa, seit Ungarn Mitte September seine Grenze zu Serbien abgeriegelt hat. Die meisten Flüchtlinge werden von den kroatischen Behörden an die ungarische Grenze gebracht. Dies sorgt für heftige Verstimmungen zwischen Zagreb und Budapest. Ungarns Behörden bringen die Flüchtlinge wiederum zur österreichischen Grenze.

In Österreich haben am Freitag mehr als 3.000 Flüchtlinge auf einen freien Platz in einem Quartier gewartet. Innenministeriums-Sprecher Karl-Heinz Grundböck bestätigte auf APA-Anfrage einen entsprechenden Bericht der "Kleinen Zeitung". Die Flüchtlinge seien teilweise in Transitquartieren untergebracht, bevor sie in festen Quartieren in den Bundesländern unterkommen.

"Derzeit sind 56.000 Flüchtlinge in der Grundversorgung, davon 7.500 beim Bund. Von ihnen wurden diese 3.000 zum Verfahren zugelassen und warten auf die Verteilung", sagte Grundböck. "Das Erstaufnahmesystem in Österreich ist weitestgehend außer Kraft", kommentierte das Christoph Riedl, Geschäftsführer des Diakonie Flüchtlingsdienstes. Wenn die Verteilung nicht funktioniere, würden die Bundesländer aber von sich aus aktiv und würden sich um die Flüchtlinge kümmern. Die Notquartiere könnten jedenfalls nur eine Übergangslösung sein.