Campbell sagte, das afghanische Militär habe die US-Spezialkräfte unterrichtet, dass es Hilfe benötige. "Dann wurde ein Luftschlag angeordnet, um die Bedrohung durch Taliban zu eliminieren, und mehrere Zivilisten wurden unbeabsichtigt getroffen", sagte der US-General am Montag. Wie zuvor US-Präsident Barack Obama brachte Campbell sein "tiefstes Mitgefühl" für die Hinterbliebenen der Opfer zum Ausdruck.

Die Hilfsorganisation selbst sprach von einem Kriegsverbrechen. Auch der UN-Hochkommissar für Menschenrechte schloss nicht aus, dass es sich um ein kriminellen Akt gehandelt haben könnte. "Dieses Ereignis ist absolut tragisch, unentschuldbar und möglicherweise sogar kriminell", sagte Prinz Zeid Raad al-Hussein. "Unter der klaren Annahme, dass ein Kriegsverbrechen begangen wurde, fordert MSF (Ärzte ohne Grenzen, Anm.) eine vollständige und transparente Untersuchung des Vorfalls durch eine unabhängige internationale Organisation", sagte MSF-Generaldirektor Christopher Stokes.

US-Präsident Barack Obama hatte eine umfassende Untersuchung des US-Luftangriffs Samstagfrüh angekündigt. US-Verteidigungsminister Ashton Carter sprach von einem "tragischen Verlust von Menschenleben", warnte aber, dass die Situation "verworren und kompliziert" sei und es einige Zeit dauern werde, die Fakten zu klären. Stokes betonte aber, "eine interne Untersuchung durch eine der Konfliktparteien" wäre völlig unzureichend.

Stokes wies auch die Darstellung der afghanischen Streitkräfte zurück, wonach Taliban-Kämpfer vom Krankenhaus aus afghanische Soldaten und Zivilisten beschossen. "Diese Erklärungen implizieren, dass afghanische und US-Kräfte entschieden, zusammenzuarbeiten, um ein voll funktionierendes Krankenhaus mit über 180 Mitarbeitern und Patienten dem Boden gleich zu machen, weil sie behaupteten, dass Taliban-Mitglieder dort präsent seien", sagte Stokes.

"Dies kommt dem Eingeständnis eines Kriegsverbrechens gleich. Dies widerspricht den anfänglichen Versuchen der US-Regierung, den Angriff als Kollateralschaden kleinzureden", sagte Stokes. Nach Angaben der Hilfsorganisation waren die afghanische und die US-Streitkräfte über die GPS-Koordinaten des Krankenhauses informiert, das seit vier Jahren in Betrieb war. Es war das einzige im Nordosten Afghanistans, das schwere Kriegsverletzungen behandeln konnte.

Russland hat den US-Luftangriff scharf verurteilt. "Wir fordern eine sofortige objektive Untersuchung des Vorfalls und eine Bestrafung der Schuldigen an der Tragödie", teilte Außenamtssprecherin Maria Sacharowa am Montag in Moskau mit. Auch die deutsche Bundesregierung forderte rasche Aufklärung des Angriffs mit 22 Toten.

Laut MSF wurde das Hauptgebäude mit der Intensivstation und der Rettungsstelle trotz eindringlicher Appelle an Militärvertreter in Kabul und Washington "wiederholt und sehr präzise" während mehr als einer Stunde beinahe alle 15 Minuten bombardiert. Bis Sonntag stieg demnach die Opferzahl auf 22, einige Patienten seien in ihren Betten verbrannt. Bei den Toten handelt es sich den Angaben zufolge um zwölf MSF-Mitarbeiter und zehn Patienten, darunter drei Kinder.

Die Hilfsorganisation kündigte an, sich vorerst aus Kunduz zurückzuziehen. Ob das Traumazentrum, das bei dem Angriff völlig zerstört wurde, wieder eröffnet würde, ließ MSF offen. Der UNO-Hochkommissar für Menschenrechte, Zeid Raad al-Hussein, nannte den Vorfall am Samstag "absolut tragisch, unentschuldbar und vielleicht sogar kriminell". Sollte der Angriff vorsätzlich erfolgt sein, könnte er "ein Kriegsverbrechen darstellen".

"So etwas darf sich nicht wiederholen", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Montag in Berlin. Insbesondere müsse geklärt werden, wer für den tödlichen Vorfall in der Stadt Kunduz verantwortlich sei: "Wenn es Verantwortlichkeiten gibt, bedeutet das, dass die, die Verantwortung tragen, dafür geradestehen müssen."

Der Luftangriff auf das Krankenhaus erfolgte, nachdem es der afghanischen Armee nach eigenen Angaben nach heftigen Kämpfen gelungen war, die Kontrolle über Kunduz von den Taliban zurückzuerobern. Die radikalislamische Rebellenbewegung hatte die strategisch wichtige Stadt im Nordosten Afghanistans vergangene Woche in einer Blitzoffensive eingenommen. Es war ihr größter Sieg seit ihrer Vertreibung von der Macht im Herbst 2001.