Bei einem wahrscheinlich von US-Streitkräften ausgeführten Bombenangriff im nordafghanischen Kunduz sind in einem Krankenhaus der Organisation Ärzte ohne Grenzen mindestens neun Klinikmitarbeiter getötet worden. Weitere 37 Menschen wurden demnach schwer verletzt, wie die Organisation am Samstag mitteilte.

Unter den Schwerverletzten sind demnach ebenfalls 19 Mitarbeiter des Krankenhauses. Die Opferzahl könne sich noch erhöhen, hieß es. Weiter teilte die Organisation mit, dass allen Konfliktparteien vorsorglich mehrfach die genauen Geodaten ihrer Einrichtungen übermittelt worden seien, zuletzt am 29. September. Nach Beginn des Angriffs habe man zudem das amerikanische und afghanische Militär erneut kontaktiert; dennoch habe das Bombardement noch mehr als 30 Minuten angehalten. Mehrere Treffer hätten das Gebäude schwer beschädigt.

Ermittlungen eingeleitet

Die NATO erklärte, möglicherweise sei die Klinik bei einem Luftangriff der Militärallianz getroffen worden. In einer Erklärung war von einem möglichen "Kollateralschaden" die Rede. Es seien Ermittlungen eingeleitet worden.

Die USA untersuchen laut US-Verteidigungsminister Ash Carter, wie ein Luftangriff eine Klinik der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) in Kunduz treffen konnte. "Eine volle Untersuchung des tragischen Zwischenfalls ist in Koordination mit der afghanischen Regierung im Gange", sagte Carter laut Nachrichtenagentur Reuters in einer Erklärung.

Carter erklärte weiter, dass in der Gegend rund um das Spital in den vergangenen Tagen intensive Kämpfe zwischen US-Streitkräften, die afghanische Sicherheitskräfte unterstützen, und den radikalislamischen Taliban-Kämpfern stattgefunden hätten.

Unter Schock

Der örtliche Leiter von Ärzte ohne Grenzen, Bart Janssens, äußerte sich schockiert über den Angriff und forderte alle Konfliktparteien auf, die Sicherheit von Gesundheitseinrichtungen und deren Personal zu respektieren.

Seit dem überraschenden Taliban-Angriff auf Kunduz am Montag sind nach Angaben der Organisation in der Klinik 394 Verletzte behandelt worden. Zum Zeitpunkt des Luftangriffs am Samstag seien 105 Patienten, Angehörige und gut 80 Mitarbeiter in dem Gebäude gewesen, erklärte Janssen. Die Klinik wird ausschließlich aus Spenden finanziert und behandelt jeden - unabhängig von Herkunft oder Religion.

Kunduz war am Montag von den Taliban erobert worden.