In Katalonien haben am Sonntag Wahlen zum Regionalparlament stattgefunden, die Regionalpräsident Artur Mas zur Abstimmung über die Unabhängigkeit von Spanien erklärt hat. Rund 5,5 Millionen Wahlberechtigte waren in der wirtschaftsstarken Region im Nordosten Spaniens zur Stimmabgabe aufgerufen. Bei einem Wahlsieg seines Parteienbündnisses will Mas Katalonien bis 2017 in die Unabhängigkeit führen.

Die Wahllokale schließen um 20.00 Uhr. Letzten Umfragen zufolge konnten die Befürworter der Unabhängigkeit auf eine absolute Mehrheit im Regionalparlament hoffen, das heißt mit mehr als 68 der insgesamt 135 Mandate rechnen. Allein Mas' Bündnis Junts pel Sí (Zusammen für das Ja), dem auch die linksnationalistische Partei Esquerra Republicana de Catalunya (ERC, Republikanische Linke) und andere Organisationen angehören, wurden bis zu 67 Sitze vorausgesagt.

Gegner der Loslösung

Zu den Gegnern einer einseitigen Loslösung Kataloniens von Spanien gehören die in Madrid regierende rechtskonservative Volkspartei (PP), die wirtschaftsliberale Partei Ciudadanos, die Sozialisten und Podemos, die spanische Schwesterorganisation der griechischen Regierungspartei Syriza.

In der katalanischen Hauptstadt Barcelona waren viele Gebäude mit der Fahne Kataloniens geschmückt. Die autonome Region mit 7,5 Millionen Einwohnern ist stolz auf ihre eigene Sprache und Kultur und sieht sich von der Zentralregierung in Madrid gegängelt.

Warnung vor Abspaltung

Diese warnt, eine Abspaltung Kataloniens von Spanien sei nicht nur verfassungswidrig, sondern würde auch den Verlust der EU-Mitgliedschaft und des Euro für Katalonien bedeuten. Während des Wahlkampfs riefen der konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy und andere führende spanische Politiker wiederholt zur Einheit Spaniens auf und forderten, den Unabhängigkeitsbefürwortern eine Niederlage zu bereiten.

Auch spanische Banken und Sparkassen machten gegen die katalanischen Unabhängigkeitsbestrebungen Front. Spaniens Notenbankchef Luis Linde warnte, Katalonien werde im Fall seiner Abspaltung den Euro und die EU-Mitgliedschaft verlieren. Mas entgegnete darauf, dass Katalonien dann seinen Anteil der spanischen Schulden nicht zurückzahlen werde.

Steuern fließen nicht zurück

Katalonien, dessen Einwohner etwa 16 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen, erwirtschaftet etwa ein Fünftel des spanischen Bruttoinlandsprodukts und kommt für rund ein Viertel der Exporte auf. Die Befürworter der Unabhängigkeit beklagen, dass die an Madrid abzuführenden Steuern größtenteils nicht zurückfließen, sondern strukturschwächeren Regionen des Landes zugute kommen.

Besonders laut wurden die Rufe nach staatlicher Souveränität im Zuge der Finanzkrise und der im Jahr 2008 geplatzten Immobilienblase in Spanien. Die Arbeitslosenrate in Spanien liegt gegenwärtig nach amtlichen Angaben bei mehr als 22 Prozent, bei der Jugend ist sie gut doppelt so hoch.

2006 zur "Nation" erklärt

Zwar hatte sich Katalonien im Jahr 2006 schon zur "Nation" erklärt, doch das spanische Verfassungsgericht erkannte der Region diesen Status 2010 wieder ab. Im November 2014 verhinderte die Zentralregierung ein Unabhängigkeitsreferendum mit einer Klage vor dem Verfassungsgericht. In dem Streit um die Abspaltung Kataloniens erhielt die spanische Regierung Unterstützung von US-Präsident Barack Obama, dem britischen Premierminister David Cameron und Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel.