Frankreich hat erstmals mit Luftangriffen auf Stellungen der Jihadistenorganisation "Islamischer Staat" (IS) in den syrischen Bürgerkrieg eingegriffen. Das Präsidialamt in Paris teilte am Sonntag mit, das Land unterstreiche damit seine Entschlossenheit, die "terroristische Bedrohung" zu bekämpfen.

Ministerpräsident Manuel Valls sagte dem Sender BFM-TV, Frankreich schütze sich so vor Anschlägen von Extremisten. Die USA bereiten unterdessen eine neue diplomatische Initiative zur Beendigung des seit vier Jahren tobenden Bürgerkrieges vor, dessen Folgen durch die Hunderttausenden in Richtung Europa fliehenden Menschen immer sichtbarer werden. US-Außenminister John Kerry will diese Woche bei der Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York Möglichkeiten einer politischen Lösung ausloten, während die blutigen Kämpfe in Syrien weiterhin toben.

Brutale Gewalt

Große Teile Syriens und des benachbarten Irak sind unter Kontrolle der IS-Extremisten, der Andersgläubige mit brutaler Gewalt bekämpft. Bisher hatte sich Frankreich nur an Luftangriffen im Irak beteiligt. Anfang des Monats begannen französische Soldaten aber mit Aufklärungsflügen über Syrien, um mehr Informationen über die Aufenthaltsorte der IS-Jihadisten zu erhalten.

Kerry kam am Samstag bei der UNO-Vollversammlung mit dem iranischen Außenminister Mohammad Javad Zarif zusammen. "Ich erachte diese Woche als eine große Gelegenheit für die verschiedensten Länder, ein wichtige Rolle zu spielen bei dem Versuch, einige der sehr schwierigen Fragen in Nahost zu lösen", so der US-Außenminister. Kerry wolle verschiedene Ideen für einen neuen Anlauf testen, nachdem der vor drei Jahren in Gang gebrachte UNO-Friedensprozess erfolglos geblieben sei, sagte ein hochrangiger US-Regierungsvertreter. Dazu könnten Russland, die Türkei, Saudi-Arabien und Katar zusammengebracht werden. Iran und Russland unterstützen den umstrittenen syrischen Präsidenten Bashar al-Assad, während die Türkei und Saudi-Arabien syrischen Oppositionsgruppen helfen.

Putin beriet mit König Salman

Vor seiner Rede vor der UNO-Vollversammlung beriet Russlands Präsident Wladimir Putin mit dem saudi-arabischen König Salman über den Syrien-Konflikt. Die beiden Staatschefs hätten sich bei einem Telefonat am Samstag dafür ausgesprochen, die Suche nach einem Ausweg aus dem Konflikt zu verstärken und eine "effiziente internationale Zusammenarbeit" für den Kampf gegen die IS-Jihadisten aufzubauen, teilte der Kreml mit. Putin wird am Montag bei der UNO-Generaldebatte eine Rede halten, in der er seine Syrien-Strategie darlegen will. Danach soll er mit US-Präsident Barack Obama zu einem bilateralen Gespräch zusammenkommen.

Der sogenannte Westen vertritt keine klare Linie, welche Rolle Assad bei der Lösung des Konflikts und danach spielen soll: Die USA pochen auf seine Ablösung, zeigten sich zuletzt aber flexibel in ihren Vorstellungen, wann dies der Fall sein soll. Auch der türkische Präsident, Recep Tayyip Erdogan, kann sich vorstellen, dass Assad im Übergang eine Rolle spielen könnte. Einige europäische Verbündete - darunter Deutschland und Österreich - sprachen sich für Verhandlungen mit Assad aus.

Cameron gegen Assad

Großbritanniens Regierungschef David Cameron ist einem Zeitungsbericht zufolge offen für die Möglichkeit, dass Assad während der Bildung einer Regierung der Einheit noch im Amt bliebe. Es gebe für Syrien aber keine langfristige, stabile und friedliche Zukunft mit Assad an der Spitze, zitierte die Zeitung "Sunday Telegraph" aus britischen Regierungskreisen.

Frankreich beharrt auf einer Entmachtung von Assad. Wenn der Westen es zulasse, dass Assad in der Zukunft irgendeine Rolle bei einem politischen Übergang in Syrien spiele, sei dies ein Eingeständnis des eigenen Scheiterns, sagte Außenminister Laurent Fabius am Samstag am Rande der UN-Vollversammlung. Die schwedische Außenministerin Margot Wallström kritisierte das Umdenken einiger europäischer Länder - darunter Österreich - in ihrer Haltung zu Assad deutlich. Sie sehe nicht "was genau die Rolle von jemandem sein sollte, der siebenmal so viele Menschen wie IS (Islamischer Staat, Anm.) ermordet hat und Fassbomben und andere Waffen gegen sein eigenes Volk richtet", so Wallström gegenüber der "Presse am Sonntag."

17 Menschen getötet

Bei einem Angriff der syrischen Regierungstruppen auf das letzte Viertel in der Hand der Rebellen in der Stadt Homs wurden nach Angaben von Aktivisten mindestens 17 Menschen getötet. Die Armee habe am Samstag eine Rakete auf den Stadtteil Waer abgefeuert, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London am Sonntag mit.

Zudem wurden kürzlich vereinbarte Waffenruhen im Nordwesten Syriens wie auch in der Stadt Zabadani an der libanesischen Grenze nach Informationen der Beobachtungsstelle am späten Samstagabend gebrochen. Aufständische hätten Granaten auf das Dorf Al-Fuoa in der nordwestlichen Provinz Idlib gefeuert, teilte die oppositionsnahe Organisation in der Nacht auf Sonntag mit.

30.000 ausländische Kämpfer

Rund 30.000 ausländische Kämpfer haben sich seit 2011 ausländischen Terrormilizen, zuletzt vor allem den IS-Extremisten, in Syrien und im Irak angeschlossen. Unter ihnen seien zahlreiche westliche Staatsbürger, berichtete die "New York Times" am Samstag unter Berufung auf nicht näher genannte Vertreter von US-Geheimdiensten und Justizbehörden.

Russland, Syrien, Iran und Irak wollen im Kampf gegen die IS-Extremisten enger zusammenarbeiten. Wie ein irakischer Regierungssprecher am Sonntag in Bagdad mitteilte, bilden die vier Staaten einen Ausschuss, um die Erkenntnisse ihrer Militärgeheimdienste auszutauschen und gemeinsam zu analysieren. Insgesamt sei eine bessere "Koordinierung" vorgesehen, sagte ein Sprecher von Regierungschef Haidar al-Abadi. Es gehe darum, die "Bewegung von Terroristen zu überwachen" und deren Schlagkraft zu mindern. Der Sprecher bestätigte damit entsprechende Berichte.