Nach Angaben von Rettungskräften lautet der Name des dreijährigen Kindes Ailan Kurdi. Die Familie des Buben stammt aus Syrien und wollte offenbar nach Kanada. Wie die Tageszeitung "Ottawa Citizen" berichtet, hatte der Vater mit seiner Frau und den beiden Söhnen zu seiner Schwester nach Vancouver gelangen wollen. Bei der Reise von der Türkei zur griechischen Insel Kos sei das Boot mit weiteren Flüchtlingen an Bord gekentert.

Nur der Vater habe überlebt, hieß es weiter. Dessen einziger Wunsch sei es nun, mit seiner toten Familie ins syrische Kobane zurückzukehren und sie dort zu begraben, zitiert das Blatt die Familie. Die Schwester des Vaters, Teema Kurdi, lebt schon seit 20 Jahren in Vancouver. Sie habe per Telefon von einer Verwandten von dem Unglück erfahren.

Mittlerweile hat sich auch der Vater des ertrunkenen Kindes zu Wort gemeldet. Im oppositionellen syrischen Radiosender Rosana FM schilderte Abdullah Kurdi den Tod seiner Familie. Das Boot sei auf der Fahrt vom türkischen Bodrum zur griechischen Insel Kos bei hohem Wellengang gekentert, so Kurdi in einem Telefonat mit dem Radiosender.

"Ich half meinen beiden Söhnen und meiner Frau und versuchte mehr als eine Stunde lang, mich am gekenterten Boot festzuhalten. Meine Söhne lebten da noch. Mein erster Sohn starb in den Wellen, ich musste ihn loslassen, um den anderen zu retten." Weinend fügte der Vater hinzu, dass trotz seiner Bemühungen auch der andere Sohn gestorben sei. Als er sich dann um seine Ehefrau habe kümmern wollen, habe er sie tot vorgefunden. "Danach war ich drei Stunden im Wasser, bis die Küstenwache ankam und mich rettete."

Er habe den Schleppern 4.000 Euro für die Überfahrt seiner Familie gezahlt. Der Menschenschmuggler an Bord sei nach Beginn des hohen Wellengangs ins Wasser gesprungen, um sich in Sicherheit zu bringen, und habe die Flüchtlinge alleine gelassen.

Die türkische Fotografin Nilüfer Demir von der Nachrichtenagentur DHA hat die Bilder von dem syrischen Flüchtlingsbuben Aylan Kurdi gemacht, dessen Leiche an den Strand von Bodrum gespült wurde. In einem DHA-Video erzählt sie, was bei ihr in dem Moment vor sich ging: 

"Als ich den dreijährigen Aylan Kurdi gesehen habe, gefror mir wirklich das Blut in den Adern. In dem Moment war nichts mehr zu machen. Er lag mit seinem roten T-Shirt und seinen blauen Shorts, halb bis zum Bauch hochgerutscht, leblos am Boden. Ich konnte nichts für ihn tun. Das einzige, was ich tun konnte, war, seinem Schrei - dem Schrei seines am Boden liegenden Körpers - Gehör zu verschaffen. Ich dachte, das könnte ich nur schaffen, indem ich den Abzug betätigte. Und in diesem Moment habe ich das Foto geschossen. Hundert Meter weiter lag sein Bruder Galip am Boden. Ich bin danach zu ihm gegangen. Auch sein T-Shirt war hochgerutscht. Bei keinem von beiden, auch nicht bei der 150 Meter weiter von Galip entfernt liegenden (Mutter) Rehan konnte man Schwimmwesten, Schwimmflügel oder etwas, was sie über Wasser hätte halten können, vorfinden."

Fotos des ertrunkenen Kleinkindes haben in sozialen Netzwerken und internationalen Medien große Betroffenheit ausgelöst. Ein Einzelfall ist das leider keineswegs. Genaue Zahlen, wie viele Kinder in jüngster Zeit auf der Flucht ums Leben gekommen sind, hat niemand. Nach Angaben des UNO-Kinderhilfswerks UNICEF ist von den weltweit 60 Millionen Menschen, die irgendwo auf der Flucht sind, jeder zweite unter 18 Jahre alt. Auch von den mehr als vier Millionen syrischen Flüchtlingen ist demnach etwa die Hälfte ein Jugendlicher oder ein Kind. Die meisten sind mit ihren Eltern unterwegs, oder zumindest einem der beiden. Manche flüchten aber auch allein.

Aktuell leben nach UNO-Angaben etwa 230 Millionen Kinder in Ländern und Regionen mit bewaffneten Konflikten. In Syrien wurden vergangenes Jahr Hunderte Kinder getötet. Während des Kriegs im Gazastreifen starben nach offiziellen Zahlen 538 Kinder. Im Südsudan gab es 2014 mehr als 600 Tote unter 18 Jahren. Besonders schlimm ist die Lage derzeit auch im Irak, im Jemen und in der Zentralafrikanischen Republik.