Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) prüften die gespannte Lage in den von der Ukraine abtrünnigen Regionen Donezk und Luhansk. Es ist die erste Feuerpause seit dem Mitte Februar in der weißrussischen Hauptstadt Minsk vereinbarten Friedensplan für den Donbass.

"Wir haben bisher keine Berichte über schwere Verstöße gegen die Waffenruhe. Unsere Beobachter sind momentan unterwegs und sammeln Informationen", sagte Alexander Hug von der OSZE-Beobachtermission der Deutschen Presse-Agentur. Experten hätten vereinzelt Schusswechsel von Waffen mit einem Kaliber von unter 100 Millimetern gehört. "Die letzten Tage haben gezeigt, dass beide Parteien, wenn sie es wollen, das Feuer einstellen können." Frühere Waffenruhen waren immer wieder gebrochen worden.

Es sei jetzt deutlich ruhiger, sagte der Separatistensprecher Eduard Bassurin der Agentur Interfax zufolge. Auch das Militär bestätigte die Feuerpause. Die Aufständischen und die Regierung hatten unter Vermittlung der OSZE in der vergangenen Woche ein Ende der Gewalt vereinbart, um einen ruhigen Beginn des neuen Schuljahres zu ermöglichen. Separatistenführer Alexander Sachartschenko sagte, dass im Kriegsgebiet mehr als 100.000 Kinder mit dem Schulunterricht begonnen hätten.

Nach den gewaltsamen Zusammenstößen vor dem ukrainischen Parlament in Kiew erhöhte sich die Zahl der Toten weiter: Ein dritter Polizist erlag am Dienstag seinen Verletzungen, wie Innenminister Arsen Awakow über Twitter mitteilte. Am Montag hatten sich Demonstranten und Sicherheitskräfte vor dem Parlament gewaltsame Auseinandersetzungen geliefert.

Die Demonstranten protestierten gegen eine Verfassungsreform, die den nach mehr Unabhängigkeit von Kiew strebenden Gebieten im Osten der Ukraine mehr Autonomierechte zugesteht. Nach Angaben der Polizei wurden 141 Verletzte in den Krankenhäusern von Kiew behandelt. Darunter seien 131 Polizisten, einige von ihnen schwer verletzt.

Der ukrainische Staatschef Petro Poroschenko sagte nach einem Besuch im Krankenhaus, die Täter seien bereits ausfindig gemacht, und dies gelte auch für die Drahtzieher der Zusammenstöße. Diese hätten Baseballschläger verteilt und dabei geholfen, Waffen herbeizuschaffen.

Die drei getöteten Polizisten nannte Poroschenko "wahre ukrainische Helden". Zugleich rief er die politischen Kräfte im Land zur Zurückhaltung auf. Die Ukraine leide unter dem Krieg, viele Soldaten seien "von der Front zurückgekehrt" und es seien "viele Waffen im Umlauf". Die Gewalt nannte er einen "Stoß in den Rücken" und kündigte "schwere Strafen" für die Verantwortlichen an.

Das Parlament hatte in erster Lesung mit breiter Mehrheit für die von rechtsextremen Ultranationalisten kritisierte Reform gestimmt, die den von prorussischen Rebellen kontrollierten Gebieten Donezk und Luhansk mehr Eigenständigkeit gewährt. Die Reform ist Teil der im Februar in Minsk getroffenen Friedensvereinbarungen, mit denen der blutige Konflikt zwischen Kiew und den Aufständischen im Osten des Landes überwunden werden soll.

Die Zusammenstöße am Montag waren die schwersten Unruhen in Kiew seit dem Sturz des prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch im Februar 2014. Die ukrainische Öffentlichkeit reagierte schockiert auf die Gewalt, Vertreter westlicher Staaten äußerten sich besorgt.

Die Regierung machte unter anderen die ultranationalistische Swoboda-Partei für die Ausschreitungen verantwortlich. Laut der Polizeisprecherin befinden sich 18 Menschen in Haft, darunter ein Swoboda-Mitglied, das verdächtigt wird, eine Granate auf den Parlamentseingang geworfen zu haben.

Die Swoboda-Partei wies die Vorwürfe zurück und erklärte, die Sicherheitskräfte hätten zuerst Gewalt angewendet. Der rechtsextreme Prawy Sektor hatte zuvor nach eigenen Angaben die Zufahrtsstraßen zum Parlament blockiert. Nach Behördenangaben wurden bereits rund 50 Zeugen verhört.

Obwohl sich auch in der Regierungskoalition Protest gegen die Verfassungsreform regte, kam bei der turbulenten Abstimmung am Montag eine Mehrheit von 265 Stimmen zustande. Nötig gewesen wären lediglich 226 Stimmen. Bei der zweiten Lesung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit der 450 Abgeordneten erforderlich.

Die geplante Verfassungsreform soll den Regional- und Kommunalverwaltungen mehr Macht geben, etwa das Recht zum Aufbau einer sogenannten Volkspolizei. Über eine endgültige Teilautonomie für die Gebiete unter Rebellenkontrolle soll aber erst ein weiteres Gesetz entscheiden.