Im Beisein des Präsidenten Montenegros, Filip Vujanovic, und des derzeitigen Vorsitzenden des Staatspräsidiums Bosnien-Herzegowinas, Dragan Covic, ist am Mittwoch in Wien ein neuer Grenzvertrag zwischen den beiden Staaten unterzeichnet worden. Der Neuanlauf wurde nötig, nachdem in Bosnien die Zugehörigkeit des Ortes Sutorina zu Montenegro infrage gestellt worden war.

Laut Covic zeigt der Grenzvertrag, "dass wir fähig sind, offene Fragen freundschaftlich am Verhandlungstisch zu lösen". Er hoffte, auch mit Serbien sowie Kroatien Grenzabkommen abschließen zu können. Auch Vujanovic zeigte sich mit Blick auf die Vergangenheit von Krieg, Zerstörung und Vertriebenen "sehr erfreut" über das Zustandekommen des Vertrags. Es handle sich um den ersten dieser Art in Ex-Jugoslawien.

Montenegro und Bosnien hatten ihre gemeinsame Grenze eigentlich im Mai 2014 vertraglich geregelt. Beide Regierungen nahmen die Vereinbarung an. Bei der Ratifizierung des Vertrages im bosnischen Parlament kam es Anfang des Jahres jedoch unerwartet zu Problemen: Die Sozialdemokratische Partei (SDP) erhob Einwände.

Aufgeworfen wurde die Frage der Ortschaft Sutorina bei Herceg Novi, die ab 1947 zu Montenegro gehörte, davor allerdings zu Bosnien. Zu Sutorina gehören etwa sieben Kilometer Adria-Küste in der Bucht von Kotor; es bot Bosnien neben dem kleinen Küstenstück bei Naum einen zweiten Zugang zum Meer.

Adria-Zugang

Die Sozialdemokraten wollten Bosnien diesen weiteren Adria-Zugang sichern. Per Parlamentsresolution sollte die Grenzeinigung als "unannehmbar, unbegründet und schädlich" abgelehnt werden. Montenegro reagierte unumgehend auf die neu aufgetauchten Gebietsansprüche. Präsident Vujanovic stoppte im Jänner die Entsendung eines neuen Botschafters nach Bosnien. Sarajevo beorderte daraufhin seinen Botschafter in Podgorica vorübergehend zurück. Die Situation normalisierte sich heuer im Mai, nachdem das bosnische Abgeordnetenhaus es abgelehnt hatte, die umstrittene SDP-Resolution zu debattieren.

Nach dem Zerfall der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien (SFRJ) ab Anfang der 1990er Jahre waren per Befund der sogenannten Badinter-Kommission, die unter dem Vorsitz des französischen Verfassungsrichters Robert Badinter auf Vorschlag der damaligen Europäischen Gemeinschaft eingesetzt worden war, die einstigen Grenzen der Teilrepubliken zu Staatsgrenzen erklärt worden.

Die feierliche Unterzeichnung des Grenzvertrages fand einen Tag vor der Westbalkan-Konferenz in Wien in der Präsidentschaftskanzlei in der Hofburg statt. Bundespräsident Heinz Fischer hatte Ort und Termin beim Jahrestreffen der Präsidenten der Westbalkan-Staaten im montenegrinischen Budva im Juni vorgeschlagen. Die Unterzeichner waren für Montenegro Innenminister Rasko Konjevic und für Bosnien Außenminister Igor Crnadak. Für Bosnien ist es das erste Grenzabkommen mit einem Nachbarland. Auch Fischer begrüßte das Grenzabkommen und hoffte auf eine baldige und reibungslose Ratifizierung durch die Parlamente beider Staaten.

Montenegro unterzeichnet am heutigen Mittwoch in Wien auch ein Grenzabkommen mit dem Kosovo. Die Grenzlinie verläuft entlang den früheren Verwaltungsgrenzen, wie sie in der jugoslawischen Verfassung von 1974 festgelegt waren. Strittig an der 79 Kilometer langen Grenzlinie waren nur etwa 900 Meter in der Rugova-Schlucht unweit des Cakor-Passes. Dort befinden sich Wiesen im Besitz von Kosovo-Albanern. Sie bleiben laut Einigung nun offiziell bei Montenegro, wenn sie auch von den Kosovo-Albanern bewirtschaftet werden. Für die zwei Staaten unterschreiben im Außenamt am Nachmittag jeweils die Außen- sowie die Innenminister.

Österreich schließt zudem am Mittwoch ein Abkommen mit dem Kosovo über die Zusammenarbeit im Bereich Kultur.