Die Menschenrechtler berufen sich auf Zahlen der Hilfsorganisation Libyscher Roter Halbmond aus dem Zeitraum von Februar 2014 bis April 2015. Bewaffnete Milizen, die das Land in einem immer engeren Würgegriff hielten, würden Menschen wegen ihrer Herkunft oder angeblichen Zugehörigkeit zu verfeindeten Gruppen verschleppen, heißt es. Viele tauchten nie wieder auf: Von den 600 Fällen sei das Schicksal von 378 Entführten ungeklärt. Amnesty geht von einer hohen Dunkelziffer aus.

Auch die UN-Mission für Libyen (UNSMIL) hatte vor kurzem vor Entführungen in dem nordafrikanischen Staat gewarnt: Viele Opfer würden hingerichtet oder zu Tode gefoltert, hieß es. Nach dem Sturz des Langzeitdiktators Muammar al-Gaddafi mit Hilfe von NATO-Ländern im Jahre 2011 ist Libyen nicht zur Ruhe gekommen. Seit Monaten toben in dem ölreichen Land Kämpfe rivalisierender Milizen. Zudem konkurrieren zwei Regierungen miteinander.