Der IWF bestätigte am Freitagabend den Eingang eines entsprechenden Schreibens aus Athen. Der Brief an IWF-Chefin Christine Lagarde war zuvor vom griechischen Finanzministers Euklid Tsakalotos publik gemacht worden.

Die Expertengespräche über weitere Milliardenhilfen für Griechenland verzögerten sich unterdessen. In dem Schreiben an Lagarde heißt es: "Wir möchten Sie darüber informieren, dass wir um einen neuen Kredit bitten." Damit ist ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zur Aufnahme von Verhandlungen über neue längerfristige Finanzhilfen für das hoch verschuldete Land getan. Der IWF erklärte, mit der griechischen Regierung und den europäischen Partnern müssten nun der Fahrplan und die Modalitäten der Gespräche über weitere Hilfen für Griechenland geklärt werden.

Athen hatte wegen der drakonischen "Strukturanpassungsprogramme" des IWF immer wieder Vorbehalte gegenüber einer Beteiligung des Währungsfonds an künftigen Hilfen geäußert. Beim jüngsten Euro-Sondergipfel am 13. Juli scheiterte die griechische Regierung jedoch vor allem an Deutschland mit ihrem Ansinnen, den IWF an einem dritten Kreditpaket nicht mehr zu beteiligen.

Einig sind sich IWF und die von Alexis Tsipras und seiner Syriza-Partei geführte Regierung in der Forderung nach einer Schuldenerleichterung für Griechenland. Die europäische Statistikbehörde Eurostat hat Griechenlands Schuldenlast zuletzt mit etwa 170 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angegeben.

Geste des guten Willens

Formell läuft der IWF-Kredit noch bis 2016, die Beantragung eines neuen war deswegen eigentlich nicht notwendig. Offenbar ging es Athen mit dem Schreiben an die "liebe Generaldirektorin des IWF" Beobachtern zufolge um eine Geste des guten Willens.

Die griechische Regierung hatte am Ende der Verhandlungen in Brüssel bereits eine Reihe weiterer Kürzungsauflagen im Gegenzug für neue Kredite im zweistelligen Milliardenumfang akzeptiert. In der Nacht zum Montag und in der zum Donnerstag verabschiedete das Parlament zwei Maßnahmenpakete, die zu den von den Geldgebern geforderten Vorbedingungen für ein drittes Kreditprogramm in Höhe von 86 Milliarden Euro gehören.

Tsipras verfehlte bei beiden Abstimmung eine eigene Mehrheit, am 16. Juli verweigerten ihm 39 dem linken Parteiflügel zugerechnete Syriza-Abgeordnete die Gefolgschaft, eine Woche später waren es 36 Abweichler aus den eigenen Reihen. Dafür stimmte das Oppositionstrio aus konservativer Nea Dimokratia, neoliberalem Potami (Fluss) und Panhellenischer Sozialistischer Bewegung (Pasok) mit der Regierung. Die Kommunistische Partei KKE und die Neonazi-Partei Goldene Morgenröte stimmten jeweils dagegen.

Das griechische Finanzministerium hatte für Freitag erste Verhandlungen mit Experten der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB), des Euro-Stabilisierungsfonds ESM und des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Athen in Aussicht gestellt. In Brüssel und Washington wurde der Termin nicht bestätigt.

Am Freitag hieß es aus Verhandlungskreisen, dass die "Mission" noch in Vorbereitung sei. Nach Angaben der EU-Kommission sollen die Beratungen "in den kommenden Tagen" beginnen. Laut einem Vorausbericht des "Handelsblatts" (Samstagsausgabe) gab es Ärger zwischen den Geldgebern und der griechischen Seite über den Ort der Unterbringung der Experten. Statt wie von Tsipras zugesagt in der Hauptstadt sollten sie demnach 20 Kilometer außerhalb untergebracht werden. Die Verhandlungen zwischen Athen und den Kreditgebern sollen bis Mitte August abgeschlossen werden.

Die seit Ende Juni geltenden Kapitalverkehrskontrollen in Griechenland werden für die Unternehmen des Landes indes wieder gelockert. Künftig brauchen Firmen bei Überweisungen ins Ausland erst ab 100.000 statt 50.000 Euro eine Genehmigung der zuständigen Regierungskommission, wie Zentralbankchef Giannis Stournaras erklärte.

Der Chef des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Clemens Fuest, warnte unterdessen davor, bei den Verhandlungen mit Griechenland einen Austritt des Landes aus dem Euro-Raum auszuschließen. "Ohne Grexit-Option ist die Euro-Zone erpressbar", sagte Fuest der Zeitung "Bild" (Samstagausgabe) einem Vorausbericht zufolge. Die Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras könnte dann erneut Reformen verweigern, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. Der Austritt könne auch ein hilfreiches Instrument sein, wenn sich Griechenland nicht innerhalb der Euro-Zone erhole, sagte Fuest weiter: "Die neue Währung könnte abwerten, das Land mehr Touristen, Investoren anlocken." EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte dagegen erklärt, ein Grexit sei vom Tisch.