Der Bundestag in Berlin entscheidet am Freitag in einer Sondersitzung, ob mit Griechenland über neue Finanzhilfen verhandelt werden soll. In der Union war der Unmut noch nie so groß. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) warb dafür, sich in die Lage der Griechen zu versetzen. Man solle sich "nur mal für einen Moment" vorstellen, dass in Deutschland Rentner verzweifelt versuchten, ihr Geld ausgezahlt zu bekommen. Merkel warnte vor "Chaos und Gewalt" in griechischen Städten, sollte die europäische Gemeinschaft Griechenland jetzt im Stich lassen. "Auf Dauer geht es Deutschland nur gut, wenn es Europa gut geht. Und zwar allen in Europa."

Im Übrigen sei man sich auch innerhalb der Bundesregierung darüber einig, dass ein Grexit auf Zeit nicht zur Debatte stünde. Weder Griechenland noch die anderen Euroländer seien dazu bereit gewesen. "Deshalb war dieser Weg nicht gangbar", sagte Merkel. Schäuble machte klar, dass er in den geplanten Verhandlungen eine letzte Chance für Griechenland sehe, innerhalb der Euro-Zone aus der Krise zu kommen. "Es ist ein letzter Versuch, um diese außergewöhnlich schwierige Aufgabe zu erfüllen". Ein Schuldenschnitt in der Euro-Zone sei nach europäischem Recht ausgeschlossen.

Die Opposition im Deutschen Bundestag hat der Regierung vorgeworfen, durch ihr Verhalten in der Griechenland-Krise die europäische Einigung aufs Spiel zu setzen. "Sie sind dabei, die europäische Idee zu zerstören", warf Linken-Fraktionschef Gregor Gysi Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Freitag vor.

SPD-Chef Sigmar Gabriel hat eine klare Zustimmung der Sozialdemokraten zu neuen Verhandlungen über Finanzhilfen für Griechenland angekündigt und ein Ende der Debatte über einen Abschied Griechenlands vom Euro gefordert. Bisher seien lediglich Bürgschaften und Kredite geleistet worden. "Es geht darum, alles dafür zu tun, dass niemals Geld fließen muss."

"Jede Debatte um einen Grexit muss der Vergangenheit angehören", forderte Gabriel. Bei den jüngsten Verhandlungen in Brüssel sei es nicht nur um Griechenland gegangen, sondern um eine mögliche Spaltung der Eurozone. "Diese Spaltung hätte Europa in eine viel tiefere Krise geführt als nur in eine Finanzkrise."

Kritik kam von der Opposition. "Wir hatten international schon einen guten Ruf und Sie haben begonnen, es zu zerstören", hielt Gysi der Regierung in der Debatte über die Aufnahme von Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket für das pleitebedrohte Griechenland vor. Der Linken-Politiker warnte zugleich vor den Folgen eines Zerfalls der Gemeinschaftswährung. Wenn der Euro jetzt zerfiele, wären die anderen Währungen so schwach, dass der deutsche Export zusammenbrechen würde.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte in der Debatte zur Rolle Deutschlands: "Wir tragen zur Schwäche Europas bei in einer Zeit, in der wir stark sein müssen." Es dürfe kein Europa geben, in dem der Stärkere gegen den Schwächeren stehe. "Sie haben verdammt viel Vertrauen verspielt", hielt Göring-Eckardt der Regierung vor. Die Grünen hatten zuletzt stets für die Griechenland-Hilfen gestimmt, wollen sich am Freitag aber zum Großteil der Stimme enthalten.