Damit stärkten die Griechen der Regierung den Rücken, die seit Monaten mit den Gläubigern um die Auflagen für weitere Milliardenhilfen ringt. Wie der Streit jetzt noch gelöst werden kann, steht in den Sternen. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hatte noch kurz vor dem Referendum gewarnt, bei einem "Nein" sei die Mitgliedschaft Griechenlands in der Eurozone in Gefahr.

Für die Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras bedeutet das Votum einen Sieg. Für den Fall, dass sich die Griechen hinter die Reformvorschläge der Geldgeber gestellt hätten, hatte der vor einem halben Jahr ins Amt gekommene Chef der linksradikalen Syriza-Partei seinen Rücktritt angedeutet. Formell hat das Referendum keine Bedeutung, weil die Bürger über ein Kompromissangebot der Gläubiger abgestimmt haben, das seit dem Auslaufen des zweiten Hilfsprogramms Ende Juni gar nicht mehr auf dem Tisch liegt. Jedoch war die politische Bedeutung in dem Land enorm, wo mittlerweile jeder Vierte ohne Arbeit ist.

Von dem Wählervotum erhofft sich Tsipras Rückenwind für eine neue Verhandlungsrunde mit den Geldgebern. Die anderen Euro-Länder hatten allerdings klar gemacht, dass sie am Prinzip, Hilfe nur im Gegenzug für Strukturreformen zu leisten, nicht rütteln werden. Auch einen bedingungslosen Schuldenerlass lehnen sie ab. Ohne schnelle Einigung ist eine umfassende Staatspleite kaum noch zu verhindern. Schon Ende Juni konnte die Regierung in Athen einen Milliardenkredit an den IWF nicht zurückzahlen. In zwei Paketen wurden seit 2010 fast 240 Milliarden Euro nach Athen überwiesen. Deutschland bürgt direkt für 53 Milliarden Euro und indirekt für weitere Risiken von EZB und IWF.

Vor dem Referendum hatte der Vorsitzende der Euro-Finanzminister, Jeroen Dijsselbloem, gewarnt, bei einem "Nein" sei "sehr fraglich, ob es überhaupt eine Basis für Griechenland in der Eurozone gibt". Schulz sagte dem "Deutschlandfunk", mit einem "Nein" würden die Griechen die Grundlage für ein neues Hilfspaket entziehen. Dann sei auch die Mitgliedschaft in der Eurozone in Gefahr: Der Staat könnte gezwungen sein, eine andere Währung einzuführen, um Löhne und Gehälter zu bezahlen.

Dagegen sagte der Chef-Unterhändler der Regierung in Athen, Euclid Tsakalotos: "Wir diskutieren nicht über eine Parallelwährung." Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel will am Montagnachmittag nach Paris reisen, um mit Frankreichs Präsident Francois Hollande über die Situation nach dem griechischen Referendum zu sprechen. Der SPD-Finanzexperte Carsten Schneider sagte, weitere Verhandlungen mit den Griechen seien schwierig: "Ich weiß nicht, wie man noch gemeinsam Boden finden kann."