Im griechischen Schuldenstreit drängt EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker auf neue Reformvorschläge aus Athen. "Ich habe den Alternativvorschlag noch nicht", sagte Juncker unmittelbar vor Beginn des G-7-Gipfels am Sonntag in Elmau.

Er hoffe, dass der Text bald eintreffe. Juncker bestätigte, dass es ein neuerliches Treffen mit dem griechischen Regierungschef Alexis Tsipras in Brüssel am Rande des EU-Lateinamerika-Gipfels am Mittwoch geben solle. Mit Blick auf einen möglichen Austritt Griechenlands aus der Eurozone sagte er: "Ich schließe einen Grexit nach wie vor aus." Griechenland steht zwar nicht auf der Tagesordnung des zweitägigen G-7-Spitzentreffens, soll aber laut Diplomaten am Rande zur Sprache kommen.

Pleitedatum bleibt geheim

Falls nicht rasch neue Finanzhilfen fließen, droht dem Euro-Krisenland die Pleite. Juncker sagte mit Blick auf das Ringen um neue Finanzhilfen für Griechenland: "Es gibt eine Frist." Einen Termin nannte der Luxemburger aber nicht. Ende des Monats läuft das Hilfsprogramm für das Krisenland auf europäischer Seite aus.

Bis dahin muss ein Kompromiss über ein Reformpaket Griechenlands gefunden werden, sonst können blockierte Hilfen von insgesamt 7,2 Mrd. Euro nicht ausgezahlt werden. Der frühere Euroretter, der sich in der Griechenland-Krise als Vermittler sieht, äußerte sich verärgert über Tsipras.

Der Linkspolitiker habe am vergangenen Freitag im heimischen Parlament den Vorschlag der Geldgeber zur Lösung der Krise als "Nimm-es-oder-lehne-es ab"-Offerte bezeichnet - das sei nicht richtig. Juncker hatten am vergangenen Mittwoch in Brüssel mit Tsipras über einen Ausweg aus der Krise gesprochen. Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident François Hollande hatten am Samstag mit Regierungschef Tsipras telefoniert, wie Regierungssprecher Steffen Seibert der Deutschen Presse-Agentur bestätigte.

Ein Jahr Luft zum Atmen

In der Krise ist der Westen laut Diplomaten entschlossen, Einigkeit zu zeigen. Die Front der G-7-Partner sei "recht geschlossen". Die Zeit für Athen wird knapp: Nach dem Zahlungsaufschub durch den IWF muss Griechenland bis zum 30. Juni etwa 1,6 Mrd. Euro an den IWF zurückzahlen. Diplomaten sagten, mit dem, was die Institutionen (Kommission, IWF, Europäische Zentralbank) anböten, müsste man bis Ende März 2016 nicht mehr auf neue Mittel aus nationalen Haushalten zugreifen, hieß es. Tsipras hatte die von den internationalen Geldgebern verlangten Einschnitte bei Renten und Gehältern größtenteils zurückgewiesen. Zugleich sprach er am Freitagabend im Parlament in Athen aber davon, dass eine Einigung so nah wie nie zuvor sei.