Islamistische Rebellen haben nach Angaben von Aktivisten die letzte noch in Regierungshand befindliche Stadt in Syriens nordwestlicher Provinz Idlib eingenommen. Die Al-Nusra-Front und ihre Verbündeten hätten die Stadt Ariha nach heftigen Kämpfen mit Regierungstruppen erobert, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Donnerstag mit.

Dutzende Militärfahrzeuge

Das Rebellenbündnis Jhaish al-Fatah (Armee der Eroberung) habe Ariha vollständig unter seine Kontrolle gebracht, die Regierungstruppen und ihre Verbündeten von der libanesischen Hisbollah-Miliz sowie iranische Kämpfer hätten sich aus der Stadt zurückgezogen. Dutzende Militärfahrzeuge seien aus der Stadt herausgefahren. Die in Großbritannien ansässige Beobachtungsstelle stützt sich in Syrien auf ein Netzwerk von Informanten. Ihre Angaben sind von unabhängiger Seite kaum zu überprüfen.

Die Offensive von Jaish al-Fatah wurde den Angaben zufolge von der mit Al-Kaida verbündeten Al-Nusra-Front angeführt. Die Aufständischen sind in der Provinz Idlib seit Wochen auf dem Vormarsch. Nach der Provinzhauptstadt Idlib eroberte das Bündnis im April auch die strategisch wichtige Stadt Jisr al-Shughour. In der vergangenen Woche überrannte es den Militärstützpunkt Al-Mastouma und nahm ein Krankenhaus ein, in dem Regierungssoldaten eingeschlossen waren. Der Beobachtungsstelle zufolge hatten sich zahlreiche Regierungssoldaten in den vergangenen Tagen nach Ariha zurückgezogen.

Das Rebellenbündnis gab im Kurzbotschaftendienst Twitter an, die Stadt binnen sechs Stunden eingenommen zu haben. Ariha hatte vor Beginn des Syrienkonflikts 40.000 Einwohner. Den Angaben zufolge kontrolliert die Regierung von Präsident Bashar al-Assad in der an die Türkei grenzenden Provinz Idlib nur noch den Militärflughafen Abu Duhour sowie kleinere Stellungen und zwei schiitische Dörfer.

Sturz des Regimes als Mission

Die Al-Nusra-Front kämpft in Syrien gegen die Truppen Assads und die mit ihm verbündete Hisbollah-Miliz. "Unsere Mission in Syrien ist der Sturz des Regimes, seiner Symbole und Verbündeten", sagte der Chef der Gruppe, Abu Mohammed al-Sholani, laut dem katarischen Fernsehsender Al-Jazeera. Angriffe auf den Westen von Syrien aus seien nicht geplant, "um den gegenwärtigen Krieg nicht zu beschmutzen".

Angesichts der "verschlechterten" Lage in Syrien und der anhaltenden "gewaltsamen Unterdrückung der Zivilbevölkerung" verlängerte die EU am Donnerstag ihre Sanktionen um ein weiteres Jahr. Das gesamte Paket der Strafmaßnahmen von Reiseverboten und Vermögenssperren bis zu Ex- und Importverboten für bestimmte Güter und Waren sei von der Entscheidung betroffen, teilte der Europäische Rat mit. Ein ranghoher Militärvertreter wurde zusätzlich auf die EU-Liste mit Reise- und Vermögenssperren für Helfer und Unterstützer Assads gesetzt.