Die Äußerung von Präsident Wladimir Putin, wonach er während der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim im Frühjahr 2014 erwog, die Atomstreitkräfte in Alarmbereitschaft zu versetzen, sei nur ein Beispiel.

Stoltenberg warnte, es würde "grundsätzlich das Gleichgewicht der Sicherheit in Europa ändern", sollte Russland seine Pläne umsetzen, atomwaffenfähige Raketen in der westlichen Exklave Kaliningrad zu stationieren, und seine Drohung wahr machen, Atomwaffen auf die Krim zu verlegen. Der NATO-Generalsekretär kritisierte auch, dass Russland die Flüge atomwaffenfähiger Bomber von "Japan bis Gibraltar, von Kreta bis Kalifornien, von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer" ausgeweitet habe.

Stoltenberg warnte, Russland ziehe nicht die Lehren aus dem Kalten Krieg, wonach bei Atomwaffen "Vorsicht, Vorhersehbarkeit und Transparenz" entscheidend seien. "Russlands Säbelrasseln ist unberechtigt, destabilisierend und gefährlich", sagte der frühere norwegische Ministerpräsident. Er kritisierte auch kurzfristig angesetzter Militärmanöver als Verstoß gegen internationale Regeln, die Staaten zur Anmeldung von Übungen und zur Einladung von Beobachtern anhalten.

Derartige Übungen seien im Februar 2014 benutzt worden, um die Besetzung der Krim vorzubereiten, und später, um Streitkräfte an der Grenze zur Ukraine zusammenzuziehen und die prorussischen Separatisten zu unterstützen, kritisierte Stoltenberg. Moskau "demonstriert seine militärische Stärke, schürt aggressiven Nationalismus, beansprucht das Recht, seinen Willen seinen Nachbarn aufzuzwingen, und reißt Land an sich", sagte der NATO-Generalsekretär.

Mit Blick auf die zunehmende Gewalt in der Ukraine sicherte Stoltenberg den Schutz Europas durch das Bündnis zu. Die NATO werde die Unabhängigkeit aller europäischen Länder aufrechterhalten. Die Allianz werde auch für die Stabilität ihrer Nachbarländer Ukraine, Georgien und Moldawien sorgen. "Diese Nationen sind keine Pufferzonen, sie sind unabhängige, souveräne Staaten." Keines der drei Länder ist bisher Mitglied der NATO.

Zugleich warnte Stoltenberg Russland davor, die NATO-Beitrittspläne seiner Nachbarn zu behindern. "Ob ein Land NATO-Mitglied wird oder nicht wird von diesem Land und 28 Verbündeten entschieden - von niemandem sonst." Trotz des Widerstandes Moskaus hofft Georgien, das 2008 einen kurzen Krieg mit Russland geführt hatte, dem Bündnis beizutreten. Auch die Regierung in Kiew strebt einen Beitritt zum westlichen Militärbündnis an. In näherer Zukunft gilt dies jedoch aus Rücksicht des Westens auf Russland als unwahrscheinlich. Stoltenberg war am Dienstag bereits mit US-Präsident Barack Obama im Weißen Haus zusammengekommen.