Die Kommission beruft sich in ihrem Vorstoß auf einen Artikel im EU-Vertrag (78.3) für den Fall eines "plötzlichen Zustroms von Drittstaaten-Angehörigen". Betroffen sollen nur "Personen, die klar internationalen Schutzes bedürfen", sein. Laut Kommission sind dies Nationalitäten, bei denen die Asylanerkennungsrate bei mehr als 75 Prozent liegt, das sind aktuell Syrer und Eritreer. Für jeden aufgenommenen Asylsuchenden will die EU zudem 6.000 Euro zahlen.

Die Regelung bezieht sich explizit nur auf jene Schutzsuchenden, die nach Beschluss des Gesetzesvorschlages in Italien und Griechenland ankommen. Konkret sollen aus Italien 24.000 Flüchtlinge und aus Griechenland 16.000 umgesiedelt werden. Der Notfallmechanismus könne jedoch jederzeit auch auf andere EU-Staaten angewandt werden, sollte dies nötige sein, unterstrich EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos.

Anteilig die meisten Flüchtlinge müsste Deutschland mit 8.763 Personen (21,91 Prozent) aufnehmen. An zweiter Stelle stünde Frankreich mit 6.752 Personen (16,88 Prozent) vor Spanien mit 4.288 Personen (10,72 Prozent). Österreich liegt mit 1.213 Personen (3,03 Prozent) auf dem zehnten Rang.

Der Verteilungsschlüssel basiert zu je 40 Prozent auf der Bevölkerungszahl und dem Bruttoinlandsprodukt sowie zu je zehn Prozent auf Arbeitslosenrate und bereits aufgenommenen Flüchtlingen. Gegenüber einem ersten Kommissionsentwurf vor zwei Wochen hat er sich noch leicht geändert, weil Italien und Griechenland - die am stärksten von den Mittelmeer-Flüchtlingen betroffenen EU-Staaten - aus der Berechnung fallen.

Ob die EU-Innenminister und der EU-Gipfel dem Verteilungsschlüssel im Juni zustimmen, ist freilich noch offen. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte in den vergangenen zwei Wochen seine Berater in die EU-Staaten geschickt, um Stimmung für den Vorschlag zu machen und Kompromisspotenzial auszuloten. Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) erklärte am Mittwoch umgehend, "keiner zusätzlichen Belastung für Österreich" zustimmen zu wollen.

Es handle sich um "eine faire Lastenteilung", betonte Avramopoulos bei der Präsentation des Entwurfes. "Dies ist der Moment, in dem Solidarität zur politischen Praxis werden muss." Der Plan umfasse rund 40 Prozent der Syrer und Eritreer, die 2014 in Griechenland und Italien um Asyl angesucht hätten. "Weniger hätte diesen Ländern nicht geholfen, mehr hätten die Mitgliedsstaaten nicht akzeptiert". Die Kritik einzelner EU-Staaten bezeichnete er als "Missverständnisse". "Wir wollen keine illegalen Migranten umsiedeln und wir schlagen keine Quoten vor. Dieses Wort haben wir nie gemocht, weil es eine nicht zu überschreitende Zahl suggeriert. Jedes Land kann mehr Asylsucher aufnehmen, wenn es will." Vor allem Frankreich hatte sich gegen den Begriff "Quote" gesträubt.

Bereits vor der Präsentation des Entwurfes hatte sich ein hochrangiger Kommissionsbeamter "ziemlich optimistisch" hinsichtlich einer Zustimmung durch die Mitgliedsstaaten gezeigt. Notwendig ist eine qualifizierte Mehrheit von 55 Prozent der Mitgliedsstaaten, die mindestens 65 Prozent der Bevölkerung repräsentieren. Einmal beschlossen, wäre der Verteilungsschlüssel verpflichtend für alle außer Großbritannien, Irland und Dänemark, die über Ausnahmeregelungen verfügen.

Zusätzlicher Anreiz dürfte die Ankündigung der Kommission sein, die Umsetzung des gemeinsamen europäischen Asylsystems genauer überwachen zu wollen. Dieses schreibt etwa die systematische Abnahme von Fingerabdrücken von Asylsuchenden vor, mit dessen "Umsetzung einige Mitgliedsstaaten zuletzt Probleme hatten", hieß es am Mittwoch aus Kommissionskreisen. Zentrum der Kritik waren zuletzt immer wieder Italien und Griechenland, wo die EU künftig mit "Hotspot-Teams" bei der Registrierung von Asylsuchenden, aber auch bei der Abschiebung illegaler Migranten helfen will.

Zudem hat die Kommission am Mittwoch auch offiziell eine "Empfehlung" über das Resettlement, also die dauerhafte Umsiedelung, von bereits von der UNO anerkannten Flüchtlingen direkt aus Konfliktgebieten vorgelegt. Dieses soll 20.000 Personen in den nächsten beiden Jahren umfassen und mit 50 Millionen Euro von der Kommission finanziert werden. Österreich müsste 444 Personen aus diesem Kontingent aufnehmen.