Die georgische Außenministerin Tamar Berutschaschwili hat von der EU Visa-Freiheit für die Bürger ihres Landes gefordert. "Es sind konkrete Fortschritte nötig, damit die Bevölkerung den Nutzen der Reformen sieht", sagte Berutschaschwili am Montag in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters in Berlin.

Sie forderte die 28 EU-Staaten auf, auf dem Gipfel der Östlichen Partnerschaft am 21. Mai in Riga genau dieses Signal auszusenden. Zudem forderte sie, EU-Visa-Freiheit auch den Bewohnern der beiden von Georgien abtrünnigen Provinzen Abchasien und Südossetien zu gewähren. "Wir erwarten, dass dadurch die georgischen Pässe attraktiver werden", sagte sie. Vorbild sei die Republik Moldau. Seit die EU dort freie Einreise auch für die Bewohner der abtrünnigen Region Transnistrien gewähre, habe die Nachfrage nach moldauischen Pässen selbst bei den Separatisten deutlich zugenommen.

Separatisten

Die Außenministerin warf Russland zudem vor, die Annexion Abchasiens und Südossetiens vorzubereiten. 2008 hatte die russische Armee Separatisten in diesen georgischen Provinzen unterstützt und damit die Abspaltung beider Grenzregionen ermöglicht. Zwar habe die Regierung in Tiflis seit 2012 einen Deeskalationskurs gegenüber Moskau gefahren, der auch zu Verbesserungen im Handelsbereich geführt habe. Russland habe etwa seine Importverbote für georgischen Wein, Wasser und andere landwirtschaftliche Produkte gelockert.

Aber politisch habe sich die Entspannungsstrategie nicht ausgezahlt. Mit Blick auf die im Februar unterzeichneten Verträge Russlands mit den beiden Provinzen sagte sie: "Im Gegenteil. Diese Verträge, obwohl international nicht anerkannt und nicht legal, haben als Hauptziel, diese Gebiete in den Orbit der Russischen Föderation zu bringen. Das ist ein klares Zeichen Richtung Annexion." Auch die EU hatte den Abschluss der Verträge kritisiert, die eine enge militärische Zusammenarbeit, die Übernahme der Grenzsicherung durch russische Truppen sowie die Übertragung von Kompetenzen an Russland, das die Unabhängigkeit von Abchasien und Südossetien anerkennt, vorsehen.

Aggressionen

Die Außenministerin warf der Regierung in Moskau vor, letztlich seit den 90er Jahren die langfristige Strategie zu verfolgen, den Einfluss in den ehemaligen Sowjetrepubliken wieder auszudehnen. "Die Ukraine ist kein isolierter Fall. Russland nutzt Handelskriege, hybride Konflikte und offene Aggression, um sein Ziel zu erreichen", sagte sie. Georgien sei 2008 nur das erste Opfer gewesen. Deshalb sei so wichtig, dass der Westen gegenüber Russland zusammen stehe.

Georgien habe sich klar entschieden, einen westlichen Kurs einzuschlagen. Das mit der EU im Vorjahr abgeschlossene Assoziierungsabkommen sei ein Programm zur Modernisierung und Europäisierung des Landes. Besondere Hilfe erwarte sie dabei von Deutschland. Sie wisse, dass die EU derzeit keine Beitrittsperspektive für ihr Land eröffne. "Aber wir wollen zumindest hören, dass diese Assoziierung nicht das Endziel unserer Beziehungen ist", betonte Berutschaschwili.