Überlebende hätten der Organisation in der sizilianischen Hafenstadt Catania gesagt, es seien 137 Menschen an Bord gewesen, als das Schlauchboot die Luft verlor oder explodierte. Einige hätten von "sehr vielen" Toten, andere von rund 40 Opfern gesprochen, hieß es weiter. Etwa 200 Überlebende kamen am Dienstag in Catania an. Das Containerschiff "Zeran" hatte sie aufgenommen.

Auch in anderen Häfen in Italien kamen Schiffe mit Hunderten Migranten an. Fernsehsender berichteten live am Dienstag, wie ein Marineschiff mit 652 Einwanderern aus Ländern südlich der Sahara im Hafen von Salerno südlich von Neapel festmachte. In der sizilianischen Hafenstadt Pozzallo lief ein maltesisches Schiff mit 370 Menschen an Bord ein. Im sizilianischen Palermo wurde ein weiteres italienisches Schiff mit 500 Flüchtlingen an Bord erwartet. Drei mutmaßliche Schlepper wurden den Berichten zufolge festgenommen. Derzeit kommen so viele Migranten in Italien an, weil das Wetter gut und die See ruhig ist.

Allein am vergangenen Wochenende waren mehr als 7.000 Flüchtlinge im Mittelmeer gerettet worden. Vor etwa zwei Wochen war es zu dem bisher schwersten Unglück mit etwa 800 Toten gekommen. Meist gibt es keine endgültige Bestätigung der Opferzahl, weil die Leichen nicht geborgen werden können.

Auch die türkische Küstenwache hat in den vergangenen fünf Tagen nach Behördenangaben insgesamt 636 Flüchtlinge beim Versuch gerettet, die Ägäis zu durchkreuzen. 400 der Flüchtlinge stammten aus Syrien, teilte das Büro des Gouverneurs der Provinz Izmir am Dienstag mit. Die anderen Flüchtlinge kamen demnach aus dem Irak, Afghanistan, Myanmar und mehreren afrikanischen Ländern. Unter den Geretteten seien Frauen und Kinder, die in Schlauchbooten unterwegs gewesen seien. Ein mutmaßlicher Schlepper sei festgenommen worden.

Angesichts der jüngsten Flüchtlingstragödie beschlossen die EU-Staaten, ihre Marinemission im Mittelmeer auszuweiten. So wurden die Mittel für die EU-Grenzschutzmission "Triton" verdreifacht, ihr Einsatzgebiet blieb jedoch auf die Zone vor der italienischen Küste beschränkt. Außenminister Paolo Gentiloni sagte jedoch, um die Krise zu lösen, reiche es nicht, die Zahl der Schiffe für die Rettung zu erhöhen. Vielmehr müssten zum Beispiel mehr Mittel zur Aufnahme der Migranten bereitgestellt werden.

Die Aufnahmelager in Sizilien seien voll, und viele entsprächen nicht den Mindestanforderungen, sagte "Save the Childen"-Sprecherin Di Benedetto. Das italienische Innenministerium wies die Präfekturen des Landes an, dringend 9.000 weitere Plätze zur Verfügung zu stellen. Zurzeit bringt Italien mehr als 80.000 Einwanderer unter, 14.000 von ihnen sind Minderjährige.

Die Grünen-Bundessprecherin Eva Glawischnig forderte indes bei einem Lokalaugenschein in Catania gegenüber der APA, "ein europäisches Mare Nostrum, das bis zu 160 Seemeilen von der Küste die Gewässer kontrolliert." Die derzeitige Frontex-Mission "Triton" decke nur das Gebiet bis 30 Seemeilen ab.

Kritik an der österreichischen Regierung im Umgang mit dem anhaltenden Flüchtlingsstrom übt die ebenfalls in die sizilianische Hafenstadt gereiste Grünen-Menschenrechtssprecherin, Alev Korun: "Als Österreich noch Teil der EU-Außengrenze war, hat es immer wieder Hilfsappelle in der Flüchtlingsthematik gegeben. Jetzt wo Österreich keine EU-Grenze mehr ist, schweigt alles."