Ehemalige Geiseln der nigerianischen Islamistengruppe Boko Haram haben nach ihrer Befreiung durch die Armee von ihrem Leid erzählt. Zwei Frauen schilderten am Montag in einem Flüchtlingslager in Yola im Teilstaat Adamawa, wie Boko-Haram-Kämpfer sie nach ihrer Gefangennahme zur Heirat mit Rebellen zwingen wollten.

Ihre Flucht endete demnach in einer Tragödie, als mindestens drei Frauen durch eine Landmine getötet wurden. Andere Frauen, die sich während eines Angriffs der Armee gegen Boko-Haram-Stellungen unter Bäumen und Büschen versteckt hätten, seien versehentlich von Panzern überrollt worden, berichtete die 18-jährige Binta Abdullahi. Sie war vor mehr als einem Jahr in ihrem Dorf bei Madagali im Norden von Adamawa verschleppt worden.

Zwangsverheiratet

Die 19-jährige Lami Musa war bei ihrer Entführung durch Boko Haram vor fünf Monaten in ihrem Dorf bei Chibok im vierten Monat schwanger. Dadurch entging sie nach eigenen Angaben einer Zwangsverheiratung - allerdings nur bis zur Entbindung. "Zum Glück wurde ich einen Tag nach der Geburt befreit", sagte sie.

275 Frauen und Kinder waren am Wochenende in das Camp in Yola gebracht worden. Dort werden sie nun ärztlich untersucht und behandelt. Wie die nigerianische Notfallbehörde Nema mitteilte, erhalten die traumatisierten und zum Teil unterernährten Frauen und Kinder neben der medizinischen Behandlung "jegliche von ihnen gewünschte Unterstützung". Traumaexperten helfen ihnen dabei, sich zu erholen und künftig wieder ein normales Leben führen zu können, wie Nema-Sprecher Manzo Ezekiel der Nachrichtenagentur AFP sagte.

700 befreit

Die 275-köpfige Gruppe gehört zu insgesamt fast 700 Frauen und Kindern, die in den vergangenen Tagen im Sambisa-Wald im Nordosten Nigerias aus der Gewalt von Boko Haram befreit wurden. Laut der Menschenrechtsorganisation Amnesty International entführte Boko Haram seit Anfang 2014 im Norden des Landes mindestens 2.000 Frauen und Mädchen. Ehemalige Geiseln berichteten von Zwangsverheiratungen, sexuellem Missbrauch und erzwungenen Kampfeinsätzen für die Islamisten.

Boko Haram kämpft mit Gewalt für einen islamischen Staat im mehrheitlich muslimischen Norden Nigerias. Seit dem Jahr 2009 tötete die Gruppe bei Angriffen auf Polizei, Armee, Kirchen und Schulen mehr als 15.000 Menschen. Das nigerianische Militär wird im Kampf gegen Boko Haram von Truppen aus den Nachbarländern Kamerun, Niger und Tschad unterstützt.