Ein nach einer Attacke auf eine Polizeistation im Osten Bosniens festgenommener Mann ist von den Behörden verdächtigt worden, ein Angehöriger des Islamischen Staates zu sein. Er sei im Vorjahr von der Polizei nach seiner Rückkehr aus Syrien festgenommen worden, sagte der Innenminister der Republika Srpska, Dragan Lukac, am Dienstag. Unklar blieb, ob sich der Verdacht bestätigte.

Der Mann wird nun der Komplizenschaft des 24-jährigen Angreifers auf die Polizeistation in der Stadt Zvornik beschuldigt. Die beiden Männer sollen in den vergangenen drei Monaten intensiven Kontakt unterhalten haben.

Der Angreifer von Zvornik soll laut bosnischen Medienberichten in den vergangenen Monaten regelmäßig am Freitag eine Gruppe radikaler Islamisten im Dorf Dubica bei Kalesija besucht haben. Sein Verhalten habe sich seitdem verändert, hieß es am Dienstag unter Nachbarn in der Ortschaft Kucic Kula bei Zvornik, wo er mit seiner Mutter lebte.

Kriegstrauma

Das veränderte Verhalten des jungen, arbeitslosen Medizintechnikers wurde von Nachbarn allerdings auch auf ein Kriegstrauma seiner Familie zurückgeführt. Der Täter war gerade ein Jahr alt, als sein Vater im Juni 1992 von bosnisch-serbischen Truppen und Milizen zusammen mit weiteren 750 Bosniaken abgeführt und ermordet wurde. Muslimische Frauen und Kinder wurden vertrieben.

Nachdem Kriegsende gehörten der Angreifer, in den Medien "N. I." genannt, und seine Mutter zu ersten bosniakischen Familien, die nach Zvornik, einer Stadt in der bosnisch-serbischen Republika Srpska, zurückgekehrt waren. Nach Angaben vom bosnisch-serbischen Innenminister Dragan Lukac dürfte der Angriff auf die Polizeistation geplant gewesen sein. Er erfolgte zum Zeitpunkt, in welchem sich in der Polizeistation wegen des Endes der Tagschicht und Beginns der Nachtschicht besonders viele Polizisten befanden.

Der Angreifer war gemäß den Ermittlungsergebnissen mit zwei Gewehren und einer Pistole ausgerüstet, als er in die Polizeistation einfiel. In seinen Hosentaschen wurde Munition gefunden. N.I. begann demnach gleich an der Tür in die Polizeistation zu schießen, wo auch sein Todesopfer, ein Polizist, starb. Zwei weitere Polizisten kamen in der darauf folgenden Schießerei mit Verwundungen davon. Der Angreifer, der seinen Überfall unter "Allah Akbar"-Rufen begann, wurde getötet.

Inzko verurteilte Anschlag

Noch in der Nacht verurteilte Valentin Inzko den Mord gegenüber der APA auf das Schärfste, "egal welche Gründe zu dieser Tat geführt haben könnten."

Inzko nahm gegenüber mehrere bosnischen TV-Stationen und der APA zu dem Vorfall Stellung. Der österreichische Diplomat drückte der Familie des ermordeten Polizisten sein Beileid aus. Der tragische Anlassfall solle als Ansporn für eine noch bessere Zusammenarbeit der Polizeistrukturen innerhalb des Landes, aber auch in der Region und in Europa dienen, sagte er. Keinesfalls dürfe aber diese Tragödie zu einem Anheizen der ethnischen Spannungen zwischen den Bevölkerungsgruppen oder zu einer Destabilisierung von Bosnien Herzegowina führen.

Im Gegenteil: "Die Zusammenarbeit verschiedener Polizeistrukturen innerhalb des Landes und in der Region muss sogar intensiviert werden", forderte Inzko. Nur so könne der Terrorismus effizient bekämpft werden. Niemand dürfe "diesen zutiefst tragischen Fall" zum Anlass nehmen, um Zwietracht zu säen. Vielmehr sollten "die Einheit des Landes und die Zusammenarbeit der Menschen und der Institutionen gestärkt werden." Verurteilungen des Anschlags kamen aus allen Bevölkerungsgruppen, so äußerten sich neben Vertretern der Kroatien und Serben auch die muslimischen Bosniaken (Moslems) ablehnend.