Der 67-jährige Kandidat des Mitte-Links-Lagers warb umgehend nach seinem Sieg für eine Wiedervereinigung Zyperns. Im ersten Durchgang am 19. April war der 77-jährige Amtsinhaber Eroglu auf 28,2 Prozent der Stimmen gekommen. Sein Herausforderer Akinci, der im Wahlkampf vor allem ein resolutes Vorgehen gegen die Korruption versprochen hatte, war mit 26,9 Prozent auf dem zweiten Platz gelandet. An der Stichwahl am Sonntag beteiligten sich nach amtlichen Angaben gut 64 Prozent der rund 176.000 Stimmberechtigten - 2010 war die Beteiligung bei 75 Prozent gelegen.

Auf Akinci wartet nun die Herausforderung, den türkischen Norden nach über 40 Jahren durch einen Friedensschluss mit dem griechischen Süden aus der Isolation zu führen. Er muss die Verhandlungen über eine Wiedervereinigung mit der international anerkannten Republik Zypern führen. Bereits als Bürgermeister des türkischen Nordteils der Hauptstadt Nikosia hatte Akinci mit Vertretern aus dem griechisch-zypriotischen Süden zusammengearbeitet.

"Wenn die Zeit für den Wandel gekommen ist, kann niemand ihn aufhalten", erklärte Akinci nach Bekanntgabe seines Wahlsiegs. Auf einem Platz in Nikosias türkischem Nordteil feierten Hunderte Menschen seinen Sieg. Der erfahrene Politiker war 1975 erstmals ins Parlament gewählt worden und von 1976 bis 1990 Bürgermeister. 1993 zog er erneut ins Parlament ein, außerdem hatte er mehrere Regierungsämter inne.

Der Präsident der griechischen Republik Zypern, Nicos Anastasiades, begrüßte Akincis Wahlerfolg im Kurznachrichtendienst Twitter als "vielversprechend für die Entwicklung unseres gemeinsamen Vaterlandes". Beide Politiker telefonierten noch am Sonntagabend miteinander und bekundeten laut einer weiteren Twitter-Mitteilung von Anastasiades ihren "Wunsch nach einer echten Wiedervereinigung" Zyperns. Akinci und Anastasiades wollen sich bald zur Vorbereitung von Friedensgesprächen treffen, die voraussichtlich im Mai beginnen.

Der UNO-Sondergesandte für Zypern, Espen Barth Eide, telefonierte ebenfalls mit Akinci und lobte seine "Zusage, so bald wie möglich Verhandlungen aufzunehmen". Zypern ist seit einem von der damaligen Militärjunta in Athen gestützten griechisch-zypriotischen Putsch und einer anschließenden türkischen Militärintervention 1974 geteilt. Die 1983 ausgerufene Türkische Republik Nordzypern wird nur von Ankara anerkannt, das auch 30 Prozent des Budgets beisteuert und einen Großteil der Infrastruktur finanziert.

Einen UNO-Plan zur Wiedervereinigung hatten die griechischen Zyprioten im April 2004 mehrheitlich abgelehnt, während ihre türkischen Nachbarn dafür stimmten. So überwachen auch elf Jahre später weiterhin etwa tausend UNO-Blauhelmsoldaten die Waffenstillstandslinie, die durch Europas letzte geteilte Hauptstadt Nikosia verläuft. Im Nordteil der Insel sind weiter Zehntausende türkische Soldaten stationiert.

Die Republik Zypern trat 2004 der EU und dem Euro bei. Völkerrechtlich ist die ganze Mittelmeerinsel Mitglied der Europäischen Union. Das EU-Regelwerk findet im türkisch kontrollierten Norden jedoch keine Anwendung. Die türkischen Zyprioten befürworten eine lose Konföderation zweier Staaten. Die griechischen Zyprioten treten für einen bi-zonalen Bundesstaat mit einer starken Zentralregierung ein. Beim jahrelangen Streit um die Wiedervereinigung geht es auch um die Machtteilung zwischen den beiden Volksgruppen und die Rückkehr der aus dem Norden der Insel vertriebenen Zyperngriechen in ihre Heimatorte.