Die Al-Nusra-Front und verbündete islamistische Rebellengruppen haben im Nordwesten Syriens die strategisch wichtige Stadt Jisr al-Shughur fast vollständig erobert. Die Jihadisten hätten die Stadt in ihre Gewalt gebracht, sagte der Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel Rahman. Die Regierungstruppen seien geflohen, Tausende Rebellenkämpfer seien in der Stadt.

Die Al-Nusra-Front vermeldete im Kurzmitteilungsdienst Twitter die "Befreiung" der Stadt. Der syrische Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida hatte am Donnerstag mit seinen Verbündeten die Offensive auf die Stadt in der Provinz Idlib begonnen. Am Freitag eroberte sie laut der Beobachtungsstelle trotz Dutzender Luftangriffe durch die syrische Luftwaffe mehrere Straßensperren am Zugang zur Stadt. Bei den Kämpfen wurden Dutzende Rebellen und Soldaten getötet.

Die Jihadisten hatten kürzlich bereits die Provinzhauptstadt Idlib eingenommen, woraufhin sich die Regierungstruppen nach Jisr al-Shugur zurückzogen. Sonst kontrolliert die Armee in der Provinz praktisch nur noch die kleine Stadt Ariha und die Militärbasis Al-Mastumah. Jisr al-Shugur liegt an der Autobahn von Idlib zur Küstenprovinz Latakia. Die Eroberung der Stadt ermöglicht es den Rebellen nun, weiter Richtung Latakia vorzudringen, der Heimatregion von Präsident Bashar al-Assad.

Israelische Luftangriffe

Unterdessen haben israelische Kampfflugzeuge an der syrisch-libanesischen Grenze zwei Brigaden der syrischen Armee angegriffen, die mit strategischen Waffen und Langstreckenraketen ausgerüstet sind. Das berichtet das israelische Internetportal "Ynet" am Samstag unter Berufung auf den Sender "Al-Jazeera". Der Sender "Al-Arabiya" meldete, Israel habe am Mittwoch zwei Konvois mit Waffenlieferungen angegriffen. Dabei habe es einen Toten gegeben.

Laut "Al-Jazeera" ereigneten sich die Angriffe gegen die 155. und 65. Brigade der syrischen Armee Freitagnacht in Al-Qalamoun. Das Syriens Präsident Bashar al-Assad und der libanesischen Hisbollah nahestehende Internetportal Elnashra berichtete von israelischen Angriffen auf syrische Stellungen bei Qarah. Die israelische Armee wollte die Berichte nicht kommentieren. Auch offizielle Stellungnahmen aus Damaskus oder von der Hisbollah lagen nicht vor.

Nach Angaben internationaler Beobachter hat Israel bereits seit Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs vor mehr als vier Jahren mehrere Ziele in Syrien angegriffen, darunter für die Hisbollah bestimmte Waffenlager. Israel hat das nie bestätigt, allerdings betont, dass man Waffenlieferungen an die Hisbollah unterbinden werde.

Der UNO-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, sieht indes wenig Willen für Verhandlungen bei den Konfliktparteien in Syrien. Die Chancen, einen politischen Übergangsprozess einzuleiten, seien heute nicht besser als vor sechs Monaten, sagte de Mistura am Samstag laut Diplomaten bei einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats in New York. Die Regierung in Damaskus und die Opposition zeigten "nicht viel neue Bereitschaft zu verhandeln". Die UNO bleibe aber weiter von der Notwendigkeit einer politischen Lösung in dem Bürgerkrieg überzeugt.