Aus den vorgezogenen Neuwahlen Mitte März war Netanyahus konservative Likud-Partei überraschend wieder als klarer Sieger hervorgegangen. Mit 30 der insgesamt 120 Knesset-Mandate wurde sie stärkste Fraktion vor einem Listenbündnis aus Arbeitspartei und Zentrumspartei Hatnua mit 24 Abgeordneten.

Am 25. März wurde Netanyahu mit der Regierungsbildung beauftragt, wozu ihm nach israelischem Verfassungsrecht zunächst 28 Tage zur Verfügung standen. Da diese Frist in Israel mit seiner zersplitterten Parteienlandschaft und meist aus vielen Fraktionen bestehenden Koalitionen selten ausreicht, kann der Staatspräsident den Zeitraum einmalig um zwei Wochen verlängern, was nun erfolgte.

Netanyahu bemüht sich um eine Koalition aus Likud und sozial-konservativer Kulanu, den beiden Rechtsparteien Unser Haus Israel und Jüdisches Heim sowie den beiden Fraktionen der ultraorthodoxen Juden, die zusammen über 67 Sitze in der Knesset verfügen würde. Insbesondere die Verhandlungen mit den rechten Parteien erwiesen sich in den vergangenen Wochen aber als schwierig. Dabei geht es neben dem Regierungsprogramm auch um die Verteilung der Kabinettsposten.

Mit den Ultraorthodoxen und Kulanu, die zu den Wahlen als Likud-Abspaltung neugegründet worden war, hat sich der Likud bereits weitgehend geeinigt. Dabei wurden Kulanu-Chef Moshe Kahlon neben dem Amt des Finanzministers weitere zentrale Posten in Kabinett und Knesset-Ausschüssen zugesagt, damit dieser den einzigen Programmpunkt seiner Partei, die Senkung der in Israel besonders hohen Lebenshaltungs- und Wohnkosten, zügig umsetzen kann.

Streit gibt es nun vor allem um die Verteilung weiterer Schlüsselposten im Kabinett. So hatten Avigdor Lieberman, amtierender Außenminister und Gründer von Unser Haus Israel (Yisrael Beitenu), sowie der aktuelle Wirtschaftsminister Naftali Bennett, Chef von Jüdisches Heim, im Wahlkampf beide das Amt des Verteidigungs- oder des Außenministers für sich reklamiert. Da die Likud-Partei das Verteidigungsministerium unter keinen Umständen abgeben will, streiten sich Lieberman und Bennett nun um das Außenamt.

Auch das Ministerium für Religionsangelegenheiten wurde zum Zankapfel. Nachdem Netanyahu diesen Kabinettsposten bereits den Ultraorthodoxen zusagte, die in in der letzten Regierung nicht vertreten waren, besteht die von Nationalreligiösen dominierte Partei Jüdisches Heim darauf, dieses Ressort zu behalten.

Netanyahu hat nunmehr bis zum Abend des 6. Mai Zeit, die angestrebte Koalition aus rechten und religiösen Parteien zu bilden. Es wäre seine dritte Amtszeit in Folge und seine vierte insgesamt. Sollte er scheitern, kann Präsident Rivlin einen anderen Knesset-Abgeordneten mit der Aufgabe betrauen. Gelingt diesem das nicht binnen vier Wochen, finden Neuwahlen statt oder eine Mehrheit der Abgeordneten schlägt einen dritten Kandidaten vor.