Beim Stabilitätswächter Nummer 1 muss man bescheiden sein. Allzu viel ist von der geplanten Reform nicht mehr übrig - mit unsicheren Aussichten über das Ende des Prozesses.

Dabei geht es nach Darstellung des IWF und seiner umtriebigen Chefin Christine Lagarde um Entscheidendes - um mehr Glaubwürdigkeit und Legitimität des Fonds. Die veränderten Kräfteverhältnisse in der Weltwirtschaft sollten sich im Fonds-Eigentümerkreis abbilden. Dazu müssten Schwellenländer wie China mehr Mitsprache erhalten.

Das aber, so die Erkenntnisse bei der jüngsten IWF-Frühjahrestagung in Washington, bleibt vorerst ein Fernziel. Die Losung heißt jetzt: lieber klein als gar nicht. "Wir fordern den Vorstand des IWF auf, Zwischenlösungen zu verfolgen", erklärten die Finanzminister und Notenbankchefs der 20 großen Industrie- und Schwellenländer (G20). Die Vertretung der 188 Mitglieder in Gestalt des IWF-Lenkungsausschuss (IMFC) sprach über ihren neuen Chef Agustin Carstens von einem "völligen Konsens" in dieser Frage. Wie diese Zwischenschritte aussehen sollen, wollte er noch nicht sagen. Es gebe mehrere Möglichkeiten. Die großen Ziele der Reform aber bleiben, sagte er. "Das ist der Anker".

Vereinigte Bremser von Amerika

Dass es bisher mit der Groß-Reform nichts wurde hat einen Grund: der Fonds hat ein Problem mit dem größten Anteilseigner, den USA. Die USA verhindern seit Jahren die Umsetzung der 2010 in Südkorea verabredeten Quoten- und Strukturreform der multilateralen Finanzinstitution. Während mehr als 140 der 188 IWF-Länder das Reformwerk ratifiziert und damit abgesegnet haben, fehlt trotz immer neuer Hoffnungsbekundungen von US-Finanzminister Jack Lew immer noch das Ja der USA. Der Kongress hat dem bisher nicht zugestimmt. Dieser hat weder ein Interesse an der Stärkung multilaterale Institutionen, noch ist er bereit, dafür auch noch Geld in die Hand zu nehmen.

Ohne die USA aber geht beim IWF nichts. Denn alle wichtigen Entscheidungen bedürfen einer Stimmen-Mehrheit von 85 Prozent. Da die Vereinigten Staaten auf knapp 17 Prozent kommen, haben sie praktisch ein Veto. Das gilt auch für die geplanten Änderungen der Institution an Haupt und Gliedern. Die Reform der Länder-Stimmengewichte und der Strukturen, verbunden mit einer stabileren Kapitalausstattung, liegt damit auf Eis. Der vom damaligen IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn geäußerte Anspruch, "die TOP-10 unserer Anteilseigner (sind) auch die Top-10 der Weltwirtschaft", bleibt nicht eingelöst. Damit lautet die Rangfolge der an Stimmen mächtigsten Anteilseigner weiter USA, gefolgt mit Quoten zwischen 6,23 und 4,29 Prozent von Japan, Deutschland, Frankreich und Großbritannien. China rangiert mit 3,81 Prozent erst dahinter. Noch weiter liegen die Emporkömmlinge Brasilien, Indien oder Russland zurück.

Bei den verfolgten "Zwischenschritten" gibt es mehrere Diskussionsansätze. Dazu zählt eine Aufspaltung der umfassenden Reformpläne in einen Teil, für den keine 85-Prozent-Zustimmung gefordert ist - den also die USA nicht blockieren können - und einen, für den diese Schwelle gilt. Zudem sind nach Auffassung vieler im IWF begrenzte Quotenerhöhungen möglich, die aber nicht an der US-Veto-Schwelle von 15 Prozent rütteln dürfen. Mit einer Ad-Hoc-Quotenerhöhung könnte man krasse Untergewichtungen, wie im Falle von China und Indien, erst einmal ein Stück korrigieren. Ziel aber, so sagen alle, bleibe die große Reform.

Inzwischen hat die Hängepartie für den Fonds und die säumigen US-Amerikaner aber Folgen. Abseits und womöglich in Konkurrenz zum IWF und seinem Schwesterinstitut Weltbank, die bei manchem Schwellenland im Ruch einer zu großen US-Nähe stehen, bilden sich neue Strukturen. Die Schwellenländer-Gruppe BRICS mit Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika sind dabei, eine eigene Finanzinstitution mit Sitz in Shanghai zu schaffen. Und China findet für seine Initiative einer Asien-Entwicklungsbank AIIB weltweit viele Interessen. Auch viele enge US-Partner, wie Deutschland und Großbritannien, wollen mittun. Der internationale Einfluss der USA scheint zu schwinden, während IWF und Weltbank nun möglichst mit den neuen Konkurrenten zusammenarbeiten wollen.