Auch am Tag 2 nach Fristende geht das Ringen um einen politischen Rahmen-Deal im Atomstreit zwischen der 5+1-Gruppe (fünf UNO-Vetomächte plus Deutschland) und dem Iran in Lausanne weiter. Nachdem bis sechs in der Früh auf allen Ebenen weiterverhandelt worden war, sollen die Gespräche kurz vor Mittag weitergeführt werden.

Irans Außenminister Mohammad Javad Zarif meinte am Mittwochmorgen gegenüber Journalisten, dass "entscheidende Fortschritte" gemacht worden seien, aber noch kein Abkommen über Lösungen gefunden wurde. Hierzu seien weitere Verhandlungen nötig, so Zarif.

Mehrere der anwesenden Außenminister kündigten am Mittwoch an, länger in Lausanne bleiben zu wollen, offensichtlich um ein Scheitern der Gespräche zu verhindern. Neben US-Außenminister John Kerry kündigte auch der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier an, trotz Ablaufs einer Frist am Dienstag um Mitternacht mindestens bis Donnerstag am Schweizer Verhandlungsort zu bleiben, da "es Fortschritte gebe".

Frankreichs Außenminister Laurent Fabius sagte: "Wir sind noch wenige Meter von der Ziellinie entfernt, aber die letzten Meter sind immer die schwierigsten." Zarif ergänzte, dass man "sich bewege".

Deadline bis Juni

US-Präsident Barack Obamas Sprecher Josh Earnest erklärte: "Unser Eindruck ist, dass die Gespräche weiter produktiv sind und Fortschritte gemacht werden". Solange die Delegationen im schweizerischen Lausanne "ernsthafte Gespräche" führten, die "Fortschritte machen", werde Washington diese nicht abbrechen. Sollten die Verhandlungen aber feststecken, "dann sind die Vereinigten Staaten und die internationale Gemeinschaft bereit, den Verhandlungstisch zu verlassen", sagte Earnest.

Obama sei Mittwoch früh erneut über den Verlauf der Atomgespräche informiert worden, hieß es. Am Vorabend hatte der Präsident mit ranghohen Sicherheitsberatern und Mitgliedern seiner Delegation in einer Videokonferenz über den Stand der Verhandlungen beraten. Ursprünglich hatten sich beide Seiten bis Mitternacht am Dienstag auf eine Grundsatzeinigung verständigen wollen. Ein umfassendes Abkommen soll spätestens bis Ende Juni erzielt werden.

In den Verhandlungen will der Westen Garantien dafür, dass das iranische Atomprogramm ausschließlich friedlichen Zwecken dient. Teheran hat stets bestritten, Atomwaffen anzustreben und fordert die Aufhebung von Wirtschaftssanktionen. Wo genau es hakt, war unklar. Unterschiedlichen Angaben zufolge geht es um Fragen, wie lange und wie weitgehend der Iran sein Atomprogramm einschränken muss. Differenzen gab es auch bei der Frage, wann die gegen den Iran verhängten Sanktionen aufgehoben werden sollen. Araqchi sagte, eine Einigung ohne ein zeitgleiches Ende der Wirtschaftssanktionen sei unmöglich. Der Westen will die Sanktionen nur phasenweise abmildern.

Urananreicherung

Der Iran bestehe auch darauf, dass die Forschungsarbeiten in der Atomanlage Fordo fortgesetzt werden. Zudem müsse das Land das Recht haben, modernere und schnellere Zentrifugen für die Urananreicherung einzusetzen, sagte Araqchi. Der Westen lehnt dies ab, weil der Iran dann sehr viel schneller hochangereichertes Uran für Atomwaffen produzieren könne.

Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu nannte es "gewissenlos", einen Kompromiss mit dem Iran zu schließen. Das Abkommen müsse "härter" für den Iran sein, als soweit absehbar. Steinmeier verwahrte sich gegen Netanyahus Äußerungen. "Ich finde das aus der Entfernung eine mindestens gewagte Kommentierung", sagte er. Die beteiligten Länder würden es sich keinesfalls leicht machen.