Eineinhalb Wochen vor der Parlamentswahl in Israel haben Zehntausende Menschen gegen die Regierung von Benjamin Netanyahu und für politische Veränderungen demonstriert. Als einer der Hauptredner sagte der langjährige Geheimdienstchef Meir Dagan am Samstag in Tel Aviv: "Israel hat Feinde, aber ich fürchte sie nicht. Was mir Angst macht, ist die derzeitige Führung des Landes."

Bis zu 80.000 Teilnehmer

Aufgerufen zu der Demonstration hatte die Bewegung "Eine Million Hände", die sich für ein Friedensabkommen Israels mit den Palästinensern und die Zweistaatenlösung einsetzt. An der Kundgebung auf dem Rabinplatz in Tel Aviv beteiligten sich nach Angaben der Polizei 30.000 Menschen; israelische Medien schätzten 50.000 bis 80.000 Teilnehmer. In jedem Fall war es die größte Kundgebung gegen eine Wiederwahl von Netanyahu im Vorfeld der vorgezogenen Knesset-Wahl am 17. März.

"Das ist eine Demonstration der israelischen Bürger, die einen politischen Wandel, eine Friedensvereinbarung fordern", sagte Mitorganisator Dror Ben Ami der Nachrichtenagentur AFP. Die seit 2009 von Netanyahus Likud-Partei geführten Regierungen hätten "auf sozialen und wirtschaftlichen Problemfeldern versagt und die Sicherheitslage nicht verbessert". Likud liefert sich vor der Wahl Umfragen zufolge ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Listenbündnis Zionistische Union, das die gemäßigt linke Arbeitspartei und die liberale Hatnua eingegangen sind.

"Bibi geh nach Hause"

Dagan, der bis Ende 2010 mehr als acht Jahre lang auch unter Netanyahu als Chef des Auslandsgeheimdienstes Mossad tätig war, sagte unter dem Jubel der Demonstranten, in den sechs vergangenen Jahren unter Netanyahu sei "jegliche Perspektive für eine Friedensvereinbarung verloren gegangen". Die Menge skandierte unter Verwendung vom Spitznamen des Ministerpräsidenten: "Bibi geh nach Hause!".

Eine bewegende Rede hielt Michal Kesten-Keidar, Witwe eines Oberstleutnants, der im Gaza-Krieg im vergangenen Sommer starb. Sie bedauerte, dass im laufenden Wahlkampf dieses Blutvergießen kein Thema ist. "Aber ich verlor dort die Liebe meines Lebens. Und deshalb bin ich hier, um Euch zu bitten, zu den Wahlurnen zu gehen und Eure Stimme denjenigen zu geben, die den nächsten Krieg verhindern."