Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ist zu einem umstrittenen Besuch in Washington eingetroffen. Dort will er am Dienstag im Kongress eine Rede halten und dabei für eine harte Haltung bei den Atomverhandlungen mit dem Iran werben.

Präsident Barack Obama wird nicht mit Netanjahu zusammentreffen, weil die Rede nicht mit ihm abgesprochen war und nur zwei Wochen vor den Wahlen in Israel stattfindet.

Der israelische Premier war von den oppositionellen Republikanern ohne vorherige Absprache mit der US-Regierung eingeladen worden. Bereits am Montag  sprach Netanjahu auch vor der proisraelischen Lobbyorganisation AIPAC (American Israel Public Affairs Committee), der einflussreichsten Lobbyorganisation Israels in Amerika.

Massive Kritik an "Bibi"

Während "Bibi" Netanjahu in Washington das angestrebte Atomabkommen mit dem Iran zum Hauptproblem seines Landes erklärt, machen ihm zu Hause neue Ermittlungen wegen einer Japanreise zu schaffen.

Israels Rechnungshof habe Nachforschungen zur Rechtmäßigkeit der Kostenübernahme dieser Reise eingeleitet, an der auch die beiden Söhne Netanjahus teilnahmen, berichtete am Montag die liberale Tageszeitung "Haaretz". Auch neue Sozialproteste drängen sich zwei Wochen vor der Parlamentswahl in den Vordergrund.

Obwohl es sich bei der Japanreise offiziell um einen "Arbeitsbesuch zur Förderung der Wirtschaftsbeziehungen" handelte, nahm Netanjahu im Mai 2014 weder den Außen- oder Wirtschaftsminister noch die Ressortchefs für Finanzen, Tourismus oder Verkehr mit nach Tokio. Auch Wirtschaftsvertreter gehörten laut "Haaretz" nicht zur Delegation. Mit an Bord der gecharterten Boeing 767, die mit Betten und Dusche ausgestattet wurde, seien aber Netanjahus Ehefrau Sara und die beiden erwachsenen Söhne gewesen.

Schon kurz nach der Reise kam Kritik daran auf. Das Amt des Ministerpräsidenten kündigte daraufhin an, Netanjahu werde den Kostenanteil für seine Söhne erstatten. Besonderes Interesse des Rechnungshofs findet laut "Haaretz" nun neben der Handhabung der Kostenaufteilung die Frage, ob es angemessen war, dass Netanyahu für einen Abstecher nach Kyoto die Boeing einsetzte.

Die neue Untersuchung des Rechnungshofs kommt Netanjahu zwei Wochen vor der Wahl, die ihm eine vierte Amtszeit als Regierungschef sichern soll, äußerst ungelegen. Denn schon Mitte Februar legte der Chef der Behörde einen Prüfbericht vor, der den Umgang der Netanyahus mit öffentlichen Mitteln kritisierte und weitergehende Ermittlungen zu einzelnen Vorgängen empfahl.

Dazu kommt, dass sich gegenwärtig in Israel eine Protestbewegung bildet, die Netanjahu vorwirft, sich nur um äußere Bedrohungen und nicht um Soziales zu kümmern. Am Sonntag demonstrierten Hunderte Beschäftigte des Konzerns Israel Chemicals vor seiner Residenz in Jerusalem, wie die Tageszeitung "Maariv" berichtete. Anlass war die Entlassung von 140 Mitarbeitern nach dem Scheitern von Verhandlungen über einen Sozialplan. "Wir sind wichtiger als der Iran", skandierten die Demonstranten.