Griechenlands neuer Regierungschef hat EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) am Donnerstag davon überzeugen können, dass er keinen Bruch mit der EU anstrebt. "Es gab die Sorge, dass Alexis Tsipras seinem eigenen Weg folgt, aber das ist nicht der Fall", sagte Schulz nach dem Treffen in Athen.

"Griechenland sucht Lösungen auf einer gemeinsamen Grundlage mit seinen europäischen Partnern", so der EU-Parlamentspräsident. Schulz war der erste hohe EU-Repräsentant, der Tsipras nach dessen Ernennung am Montag traf.

Tsipras' Linkspartei Syriza hatte die Wahl am Sonntag mit großem Vorsprung gewonnen und mit der rechtspopulistischen Partei Anel eine Koalition gebildet. Die neue Regierung löste mit einer Teilabkehr vom bisherigen Spar- und Reformkurs sowie mit Drohungen, neue Russland-Sanktionen der EU zu blockieren, Befürchtungen einer Spaltung Europas aus.

Varoufakis: Kein Veto gegen Sanktionen

Der neue griechische Finanzminister Yanis Varoufakis, der engste Vertraute von Ministerpräsiddent Alexis Tsipras, ist dem Eindruck entgegengetreten, sein Land wolle ein Veto gegen weitere Russland-Sanktionen der Europäischen Union einlegen. In Medienberichten sei die Position der neuen linksgerichteten Regierung verzerrt worden, schrieb Varoufakis am Donnerstag in einem Blogeintrag.

Die Regierung habe sich lediglich über die mangelnde Unterrichtung durch die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini beschwert, nicht über die Sanktionen selbst. Das griechische Außenministerium wollte zu der Sache bisher keine Stellung nehmen.

Die EU-Außenminister beraten am Donnerstag in Brüssel über neue Strafmaßnahmen gegen Russland. Einem Entwurf zufolge soll die EU-Kommission beauftragt werden, neue Personen zu benennen, gegen die Sanktionen verhängt werden können. Die Verhängung neuer Strafmaßnahmen erfordert die Zustimmung aller 28 EU-Mitgliedstaaten.

Die Position der von der linken SYRIZA-Partei geführten Regierung in Athen gegenüber Russland ist bisher unklar. Anders als Finanzminister Varoufakis hatte Energieminister Panagiotis Lafazanis am Vortag einem Bericht der Nachrichtenagentur Athen zufolge erklärt, seine Regierung sei gegen Sanktionen und habe "keine Probleme mit Russland." Ministerpräsident Alexis Tsipras hatte sich am Tag seiner Amtseinführung am Montag mit dem russischen Botschafter getroffen.

Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten Russland wegen der Eskalation im Ukraine-Konflikt in einer am Dienstagvormittag verbreiteten Erklärung mit neuen Sanktionen gedroht. Sie warfen Moskau darin "die fortdauernde und wachsende Unterstützung" der prorussischen Kämpfer in der Ostukraine vor und forderten die EU-Außenminister auf, "weitere restriktive Maßnahmen" in Betracht zu ziehen.

Auch Werner Faymann skeptisch

Die neue griechische Regierung war mit seinen Vorbehalten gegen eine verschärften Russland-Kurs auf Kritik gestoßen, aber auch andere Spitzenpolitiker gelten in dieser Frage als skeptisch, darunter Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und seine sozialdemokratischen Amtskollegen aus Tschechien und der Slowakei, Boshuslav Sobotka und Robert Fico. Die drei trafen einander am Donnerstag im südmährischen Slavkov (Austerlitz).

Österreich ist beim heutigen Sonderrat in Brüssel durch Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) vertreten. Sein Parteikollege, Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner sagte am Donnerstag am Rande eines Pressegesprächs im Palais NÖ in Wien, er sehe weitere Sanktionen gegen Russland "relativ problematisch" in Hinblick auf die Wirtschaft. Zugleich betonte Mitterlehner, dass die russische Regierung und die Separatisten nicht sehr entgegenkommend seien.

(Schluss) mri/jeg