Athen sei an einer ernsthaften Diskussion interessiert, so Schulz. Am Freitag kommt Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem zu ersten Gesprächen mit der neuen Regierung nach Athen. Auch die Furcht vor einer Blockade weiterer Sanktionsbeschlüsse der EU konnte die Regierung in Athen durch Äußerungen mehrerer Minister entschärfen.

Mit dem Besuch von Dijsselbloem beginnen die Verhandlungen über den griechischen Schuldenberg. Dies teilte am Donnerstag das griechische Finanzministerium mit. Der griechische Finanzminister Gianis Varoufakis werde ferner am Montag nach London zu einem Treffen mit Finanzminister George Osborne und Vertretern der Geldmärkte reisen.

Nach seinem Wahlsieg am Sonntag hatte Tsipras im Eiltempo ein Bündnis mit den rechtspopulistischen "Unabhängigen Griechen" geschlossen und damit begonnen, die mit den internationalen Geldgebern geschlossenen Sparvereinbarungen über Bord zu werfen. Schulz, der als erster hochrangiger EU-Politiker mit dem neuen Regierungschef zusammentraf, machte keinen Hehl aus den Meinungsverschiedenheiten. Das Gespräch habe viel Kraft gekostet, sagte der SPD-Politiker. Die griechische Regierung setze in der Schuldenfrage aber nicht auf einen Alleingang. Vielmehr wolle sie Vorschläge unterbreiten und darüber diskutieren. "Ich finde, das ist eine sehr, sehr gute Botschaft." Tsipras sagte, Griechenland strebe eine Lösung an, die für beide Seiten von Vorteil sei. Es werde aber dauern, bis eine substanzielle Lösung erreicht werden könne.

Erste inhaltliche Gespräche dürften am Freitag mit Dijsselbloem beginnen. "Mit diesem Besuch werden die Verhandlungen mit unseren Partnern starten, die zu einer praktikablen und umfassenden Vereinbarung über den Wiederaufbau unserer sozialen Marktwirtschaft führen werde", erklärte das Finanzministerium in Athen. Ressortchef Yanis Varoufakis reist Anfang kommender Woche zu Gesprächen mit seinen Kollegen nach Paris und Rom, um dort für Verhandlungen mit den Gläubigern zu werben.

Die Europäische Zentralbank schloss eine Beteiligung an einem Schuldenerlass aus, den auch die EU-Finanzminister und der Internationale Währungsfonds ablehnen. EZB-Direktor Benoit Coeure sagte der Zeitung "Corriere della Sera": "Griechenland muss sich weiter an die Spielregeln halten: Wir sind eine Zweckgemeinschaft." Eine Verlängerung der Laufzeiten der Staatsanleihen, die von der EZB im Rahmen des 2010 gestarteten SMP-Programms erworben wurden, sei nicht möglich. Auch Frankreichs Wirtschaftsminister Emmanuel Macron sagte: "Griechenland hat Verpflichtungen gegenüber der Euro-Zone und muss diese respektieren."

Griechenland wird seit fast fünf Jahren von der Euro-Zone und dem IWF mit insgesamt 240 Milliarden Euro vor dem Bankrott bewahrt. Die Arbeitslosigkeit liegt bei mehr als 25 Prozent, jeder zweite Jugendliche ist ohne Job. Der IWF, an den Griechenland in diesem Jahr 8,6 Milliarden Euro zurückzahlen muss, hat eine Sonderbehandlung ausgeschlossen. Die Kredite der Euro-Partner und des EFSF werden erst nach 2020 fällig.

Finanzpolitisch haben die Geldgeber alle Trümpfe in der Hand. So steht die Auszahlung weiterer 7,2 Milliarden Euro aus, weil es noch keine Einigung mit den Troika-Kontrolleuren über die Fortschritte des griechischen Sanierungsprogramms gibt. Die US-Ratingagentur Fitch warnte, sollte eine Einigung ausbleiben, drohe im Mai eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit.

Der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel sagte, von Tsipras werde erwartet, dass er sein Land in Ordnung bringe. "Ich hoffe sehr, dass es der neuen Regierung gelingt, dass System von Korruption, persönlicher Bereicherung und Vorteilsnahme, das sich ungeachtet der Reformprogramme in Griechenland hartnäckig hält, zu zerstören", sagte er im Bundestag. Die Troika und Europa seien an seinen Problemen nicht schuld.

Tsipras und mehrere Minister bemühten sich auch um Entspannung im Sanktionsstreit. Die Regierung habe sich nur über die mangelnde Unterrichtung durch die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini beschwert, nicht über die Sanktionen selbst, schrieb Finanzminister Varoufakis in seinem Blog.

Schulz sprach nach dem Gespräch mit Tsipras von einer Klarstellung, dass die griechische Regierung bereit sei, mit ihren Partnern in einen Dialog zu treten. Nach einem Treffen des deutschen Außenministers Frank-Walter Steinmeier mit seinem neuen griechischen Kollegen Nikos Kotzias vor den EU-Beratungen in Brüssel hieß es in deutschen Regierungskreisen, man sei nun weniger besorgt als noch wenige Stunden zuvor. Energieminister Panagiotis Lafazanis hatte am Mittwoch erklärt: "Wir lehnen das Embargo gegen Russland ab." Griechenland habe kein Interesse, Sanktionen gegen Russland zu verhängen.