Das ehemalige Lager Auschwitz-Birkenau, heute eine zentrale Stätte des Erinnerns an die Gräuel der NS-Herrschaft, war am Dienstag von frisch gefallenem Schnee bedeckt. In den Jahren 1940 bis 1945 wurden dort etwa 1,1 Millionen Menschen ermordet, die meisten von ihnen Juden. Sowjetische Soldaten befreiten das Lager am 27. Jänner 1945.

Am Dienstag in der Früh legten Überlebende vor der sogenannten Todeswand im Stammlager, an der Tausende Menschen erschossen worden waren, Blumen nieder und entzündeten Kerzen. Auf der zentralen Gedenkfeier in Auschwitz rief der polnische Präsident Komorowski zu einem entschlossenen Vorgehen gegen Rassismus und Antisemitismus auf. "Erinnern wir uns daran, wozu der Bruch internationalen Rechts auf Selbstbestimmung von Nationen führt", sagte er. Von Auschwitz aus müsse jeglicher Hass verdammt werden.

Komorowski nannte Auschwitz eine "Hölle von Hass und Gewalt". Gegen jede Relativierung der nationalsozialistischen Verbrechen müsse entschlossen Widerstand geleistet werden. "Die deutschen Nationalsozialisten haben meine polnische Heimat zum ewigen jüdischen Friedhof gemacht," sagte er vor mehr als 300 hochbetagten Überlebenden. Zudem nahmen viele Staatsgäste, darunter der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck sowie Bundespräsident Heinz Fischer und Kanzler Werner Faymann (SPÖ), an der Gedenkveranstaltung teil.

Der russische Staatschef Wladimir Putin lehnte eine Teilnahme inmitten der Ukraine-Krise hingegen ab. Nach der Annexion der Schwarzmeer-Halbinsel Krim und wegen des anhaltenden bewaffneten Konflikts im Osten der Ukraine sind die Beziehungen zwischen Moskau und dem Westen angespannt wie lange nicht. Polen zählt zu den schärfsten Kritikern Putins.

Putin warnte allerdings anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung von Auschwitz vor einer Verfälschung der Geschichte. "Jegliche Versuche, die Ereignisse zu vertuschen und zu verzerren sowie die Geschichte umzuschreiben, sind inakzeptabel und unmoralisch", sagte Putin am Dienstag im Jüdischen Museum in Moskau. In der vergangenen Woche hatte der polnische Außenminister Grzegorz Schetyna für zusätzlichen Wirbel gesorgt, als er erklärte, dass Auschwitz von "Ukrainern" befreit worden sei. Das russische Außenministerium warf Polen daraufhin "antirussische Hysterie" und eine "Verhöhnung der Geschichte" vor.

Deutschlands Bundespräsident Gauck mahnte in der Früh bei einer Gedenkstunde des Deutschen Bundestags in Berlin, es gebe "keine deutsche Identität ohne Auschwitz". Es sei die Pflicht der Deutschen, weiter das Miteinander unterschiedlicher Kulturen und Religionen zu ermöglichen.

Fischer bezeichnete den Namen Auschwitz-Birkenau als "Symbol und zentralen Ort des Bösen und als eine unauslöschliche Schande". Aus Auschwitz Konsequenzen zu ziehen, heiße "all jene Institutionen zu stärken, die sich für die Achtung der Menschenrechte und Würde jedes Einzelnen einsetzen", so der Bundespräsident. Faymann erklärte, der Gedenktag mahne aufs Neue "wachsam zu bleiben und autoritären Tendenzen entschlossen entgegen zu treten."

Papst Franziskus twitterte: "Auschwitz schreit den Schmerz unermesslichen Leids hinaus und ruft nach einer Zukunft in Respekt, Frieden und der Begegnung der Völker." Der französische Präsident Francois Hollande verurteilte am Dienstag am Shoah-Mahnmal in Paris jeglichen Antisemitismus als "Plage". Er versprach zugleich, dass sein Land die etwa 76.000 deportierten französischen Juden nie vergessen werde.

In Ungarn erkannte der rechtskonservative Regierungschef Viktor Orban erstmals eine Mittäterschaft beim Holocaust an. "Sehr viele Ungarn" hätten sich "zum schlechten Handeln entschlossen statt zum guten", sagte er am Montag in Budapest. Etwa 600.000 ungarische Juden waren Opfer des Holocausts geworden. Die meisten wurden mithilfe ungarischer Polizisten nach Auschwitz deportiert. Ungarn war im Zweiten Weltkrieg teils verbündeter Hitler-Deutschlands.

Tschechiens Präsident Milos Zeman forderte auf einem vom European Jewish Congress (EJC) organisierten, internationalen Holocaust-Forum auf der Prager Burg eine internationale Militäraktion gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS): "Wir müssen neue Wege finden um einen neuen Super-Holocaust zu verhindern." Zum Abschluss der Konferenz sollte ein Dokument verabschiedet werden, indem laut Entwurf, aus dem die Agentur CTK zitierte, Schritte gegen Extremismus und Terrorismus gefordert werden. Am Nachmittag gedachten die mehr als 500 Teilnehmer des Forums im ehemaligen Konzentrationslager Theresienstadt der Opfer.

US-Präsident Barack Obama warnte unterdessen vor wachsendem Antisemitismus. Dabei verwies er auch auf die jüngsten Terrorangriffe in Paris. Diese seien "eine schmerzhafte Ermahnung an unsere Verpflichtung, steigenden Antisemitismus in all seinen Formen zu verdammen und zu bekämpfen". Dazu gehöre auch eine "Trivialisierung des Holocausts".