Tsipras erklärte am Sonntag, Griechenland schlage eine neue Seite auf. "Wir haben heute Geschichte geschrieben", sagte der Linkspolitiker vor Tausenden jubelnden Wählern seiner Partei im Zentrum Athens. Griechenland "lässt die desaströse Sparpolitik hinter sich."

Er werde mit den Gläubigern eine für Griechenland und die EU "neue, machbare Lösung" aushandeln, kündigte der 40-Jährige an. "Ab morgen beginnt die harte Arbeit", sagte Tsipras. Als Ziele nannte er einen ausgeglichenen Haushalt und ein eigenes Konsolidierungsprogramm für das hoch verschuldete Land.

Die bisher regierenden Konservativen unter Antonis Samaras kommen laut Hochrechnungen auf 27,7 Prozent. Sie kämen demnach auf 76 Mandate. Im Rennen um den dritten Platz lag die rechtsradikale Goldene Morgenröte vorn. Sie erreichte laut Hochrechnungen 6,3 Prozent der Stimmen (17 Sitze). Ihre Parteiführung sitzt wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung in Untersuchungshaft und führte den Wahlkampf aus dem Gefängnis heraus. Die proeuropäische Partei der politischen Mitte, To Potami (Der Fluss), lag bei 5,9 Prozent (16 Sitzen).

Die Kommunisten schaffen den Hochrechnungen zufolge den Einzug ins Parlament mit 5,6 Prozent (15 Sitzen). Die Sozialisten mit 4,8 Prozent (13 Sitzen) und die rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen mit 4,7 Prozent (13 Sitzen) werden dort voraussichtlich ebenfalls vertreten sein. Die Partei des ehemaligen griechischen sozialistischen Regierungschefs Giorgos Papandreou dürfte an der Drei-Prozent-Hürde gescheitert sein. Sie kommt den Hochrechnungen zufolge auf 2,4 Prozent.

Bei der mit Spannung erwarteten Wahl stimmten die Bürger über den künftigen Kurs des hoch verschuldeten EU-Landes ab. Syriza-Chef Alexis Tsipras will den von den internationalen Geldgebern verordneten Sparkurs beenden und einen weitgehenden Schuldenerlass erreichen. Samaras hält dies hingegen für unverantwortlich und warnte im Wahlkampf vor unvorhersehbaren Folgen für das Land.

Die internationalen Geldgeber hatten Athen in den vergangenen Jahren mit Milliardensummen vor dem Staatsbankrott bewahrt. Im vergangenen Jahr summierte sich der griechische Schuldenberg auf 177,7 Prozent der Wirtschaftsleistung.

Syriza möchte über eine Entlastung des griechischen Schuldenbergs am liebsten bilateral mit den einzelnen EU-Staaten - auch mit Österreich - verhandeln. Die Schuldenbelastung des Landes von an die 180 Prozent der Wirtschaftskraft lasse keine andere Möglichkeit, sagte Syriza-Wirtschaftsberater Theodoros Paraskevopoulos am Sonntagabend im ORF-Interview.

"Griechenland und seine europäischen Partner sind dazu verurteilt, zu diskutieren und eine Lösung zu finden", betonte der Ökonom, der im Wirtschaftsausschuss der Partei sitzt. Syriza fordert, abgesehen von möglichen bilateralen Vereinbarungen, eine gesamteuropäische Schuldenkonferenz, bei der auch die Entschuldung anderer europäischer Staaten debattiert werden soll.

Zur Entlastung zeigt sich Syriza auch zu anderen Maßnahmen als den von ihr geforderten Schuldenschnitt bereit. Zuletzt war etwa über die Streckung von Rückzahlungsfristen und die Koppelung an stärkeres Wachstum diskutiert worden. "Beide Seiten müssen zu Kompromissen bereit sein", sagte Paraskevopoulos. Es gebe viele Arten von Erleichterung, "ohne das die Steuerzahler belastet werden."

Die Linkspartei wolle Griechenland im Euro halten, betonte Paraskevopoulos. "Unsere Politik zielt ist eine Lösung innerhalb des europäischen Rahmen zu finden, und innerhalb der gemeinsamen Währung." Er wolle nicht über eine "hypothetische Krise" debattieren.

Die Konservativen im Europaparlament forderten nach Bekanntwerden des Wahlergebnisses die Erfüllung der Spar- und Reformzusagen des Landes. "Europa steht dann solidarisch zu Griechenland, wenn dort die geschlossenen Vereinbarungen eingehalten werden", sagte der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, am Sonntagabend in Brüssel.

Die EVP ist die größte politische Gruppe in der europäischen Volksvertretung. Die europäischen Steuerzahler sind nach Einschätzung von Weber, einem Politiker der deutschen CSU, nicht bereit, für Wahlversprechen des Syriza-Chefs Alexis Tsipras zu zahlen. Syriza war für ein Ende der Sparpolitik in Griechenland eingetreten.