Hier wird entscheidend sein, wie sich die Stimmen der Kandidaten Ivan Sincic und Milan Kujundzic, die das Rennen nun verlassen, neu verteilen. Sincic konnte 16,48 Prozent der Wähler überzeugen, Kujundzic wählten 6,26 Prozent der knapp 3,8 Millionen wahlberechtigten Kroaten. Die Wahlbeteiligung betrug 47 Prozent.

Der Wahlsieg des bisherigen Favoriten Josipovic würde ihm nicht nur weitere fünf Jahre als Präsident sichern, sondern auch ein erstes positives Wahlergebnis seit langem für die Mitte-Links-Regierung sein, deren Kandidat er ist. Zum sozialdemokratischen Premier Zoran Milanovic und seiner unpopulären Regierung ging Josipovic zuletzt auf Distanz.

Zugleich ist der überragende Erfolg des erst 24-jährigen Ivan Sincic eine Warnung an die Großparteien SDP und Grabar Kitarovics HDZ. Sincics Partei "Lebende Wand", die sich für Bürger in finanziellen Schwierigkeiten einsetzt, und offenbar die Enttäuschten ansprechen konnte, hat damit einen großen Startvorteil für die Parlamentswahlen im kommenden Jahr.

Ohne alternative Parteien, die sich im Laufe des Jahres etabliert hatten, wird in Kroatien wohl keine Regierung zu machen sein. Starke Konkurrenz machte den Großparteien bisher die Grün-Partei ORaH der ehemaligen Umweltministerin Mirela Holy. Sincic sagte, dass er "aus moralischen Gründen" keine Wahlempfehlung für einen der beiden Kandidaten abgeben werde.

Josipovic wird im zweiten Wahlgang wohl nicht mit allen Stimmen von Sincic rechnen können, wie gemeinhin angenommen wird. Analytiker erwarten, dass seine Wähler eher zu Hause bleiben werden.

Grabar Kitarovics mögliches Manko ist ihre Vergangenheit. Die Diplomatin und hochrangige NATO-Mitarbeiterin war Außenministerin in der ersten Regierung von Ex-Premier Ivo Sanader, der nun wegen Korruption im Gefängnis sitzt. Ihr größter Vorteil für den zweiten Wahlgang ist die hohe Disziplin des rechten Wählerspektrums, zur Wahl zu gehen.