Euphorisch feierten die Kubaner in den vergangenen Tagen den Beginn einer neuen Ära in den Beziehungen mit den USA. Die Annäherung der beiden ideologischen Gegner nach über 50 Jahren Feindschaft war ein Glanzstück der Diplomatie - bringt sie aber auch den erhofften Wirtschaftsaufschwung für die sozialistische Regierung in Havanna?

Marode Staatswirtschaft

Obwohl das US-Wirtschafts- und -Handelsembargo bis auf Weiteres bestehen bleibt, setzen Beobachter auf die Wirkung der Wende. Der politische Neustart soll helfen, die marode kubanische Staatswirtschaft aus der Dauerkrise herauszuführen.

"Ich bin sehr optimistisch", sagt Pavel Vidal. Der Ökonom hat jahrelang für die kubanische Zentralbank gearbeitet, nun verfolgt er die wirtschaftliche Entwicklung seines Landes aufmerksam aus dem Ausland. Bei früheren Gesprächen etwa in Japan hätten Investoren immer gesagt, sie würden nicht nach Kuba kommen, solange die USA ihre Kuba-Politik nicht änderten, erzählt er.

Jetzt sei dieser Moment gekommen. Vidal erwartet einen deutlichen Zuwachs ausländischer Investitionen. Der neue Ton zwischen Washington und Havanna werde eine positive Botschaft aussenden, hofft er. Ausländische Firmen könnten nun Geschäfte mit Kuba machen, ohne Sanktionen der größten Wirtschaftsmacht der Welt zu befürchten.

Kapitalspritzen teilweise erlaubt

Aber auch die von US-Präsident Barack Obama angekündigten Erleichterungen für die bilateralen Beziehungen sollen sich auszahlen. Bereits 2009 hatte Obama Reisebeschränkungen für US-Bürger teilweise aufgehoben, in den USA ansässige Kubaner dürfen seitdem auch größere Geldbeträge an Verwandte auf der Insel schicken.

Dies soll nun alles verstärkt werden. "Wenn dies in Gang gesetzt werden kann, wird das einen nützlichen Effekt für die kubanische Wirtschaft haben, die ja Kapitalspritzen aus dem Ausland braucht", glaubt auch Jorge Duany vom Kuba-Forschungsinstitut der Florida International University in den USA.

Künftig wollen die Vereinigten Staaten auch den Export von Baumaterialien oder Ausstattungen für private Unternehmer genehmigen. Damit ist die Hoffnung verbunden, den privaten Sektor innerhalb der sozialistischen Planwirtschaft Kubas zu stabilisieren.

Die Karibikinsel verändert sich seit Jahren Schritt für Schritt. Das Staatsmonopol bröckelt. Seit dem Beginn der marktwirtschaftlichen Wirtschaftsreformen vor etwa fünf Jahren hat die Zahl der kleinen Privatgeschäfte stetig zugenommen, vor allem in der Hauptstadt. Inzwischen dürfen fast 480.000 der rund 11 Millionen Kubaner als Selbstständige ihr Geld verdienen - und zwar deutlich mehr, als Staatsbedienstete monatlich ausgezahlt bekommen.

Nur in Zahlen schlägt sich diese Öffnung bisher aber kaum nieder. Die kubanische Volkswirtschaft bleibt Jahr für Jahr hinter den eigenen Erwartungen zurück. Kürzlich musste die Regierung wieder ihre Wachstumsprognose für 2014 senken, diesmal auf eine Steigerung des Bruttoinlandsprodukts von 1,3 Prozent.

Im April 2011 beschloss der Kongress der Kommunistischen Partei das Programm der Wirtschaftsreformen. Dieses peilte jährliche Wachstumszahlen von rund 4 Prozent bis 2015 an. Zudem erwartete die Regierung einen Investitionszuwachs von 25 Prozent für den Zeitraum 2009 bis 2013 - der ist laut Vidals Berechnungen ausgeblieben.

Vier Prozent Wachstumals Ziel

Die Regierung setzt sich aber nach wie vor ehrgeizige Ziele. Laut Wirtschaftsminister Marino Murillo soll 2015 wieder ein Jahreswachstum von mehr als 4 Prozent gelingen. Wie im Reformprogramm schon für die vergangenen Jahre vorgesehen, soll dabei den Investitionen aus dem Ausland eine Schlüsselrolle zukommen.

Erst im vergangenen Juni war ein neues Gesetz in Kraft getreten, das ausländisches Kapital verstärkt nach Kuba locken soll. Im November stellte die Regierung dann auch ein erstes Portfolio für potenzielle Investoren vor: Mit 246 Großprojekten vor allem im Infrastrukturbereich will das Handelsministerium in Havanna bis zu 6,8 Milliarden Euro in das ehemals abgeschottete Land fließen lassen.