Der russische Kremlkritiker Alexej Nawalny ist in einem umstrittenen Prozess der Unterschlagung schuldig gesprochen worden. Ein Gericht in Moskau verurteilte den 38-Jährigen am Dienstag zu dreieinhalb Jahren Haft auf Bewährung.

Nawalny und seinem Bruder Oleg wird vorgeworfen, bei einer Firma Geld hinterzogen und anschließend über ein Geflecht von Firmen legalisiert zu haben. Oleg Nawalny wurde zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Er wurde schon im Gerichtssaal verhaftet, wie russische Agenturen berichteten.

In Handschellen abgeführt

Er wurde in Handschellen aus dem Gerichtssaal abgeführt. Sein Bruder verurteilte dies lautstark als Versuch, "Druck" auf ihn auszuüben, wie ein Korrespondent einer Nachrichtenagentur berichtete. Das sei eine "Schweinerei", sagte Alexej Nawalny.

Die Brüder weisen die Vorwürfe gegen sie zurück. Ihre Anwälte kündigten Berufung gegen das Urteil an. Sie kritisieren den Prozess als politisch motiviert.

Nawalny ist einer der bekanntesten Kritiker von Präsident Wladimir Putin. Bei der Moskauer Bürgermeisterwahl gelang ihm mit einem Ergebnis von mehr als 27 Prozent der Stimmen und damit dem zweiten Platz ein Achtungserfolg. Bereits 2013 wurde er in einem anderen Fall zu fünf Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Seit 2013 steht Nawalny wegen Verstößen gegen Bewährungsauflagen unter Hausarrest.

Vor der Verkündung des Urteilsspruchs gegen den russischen Kremlkritiker Alexej Nawalny hat die Polizei vor dem Gerichtsgebäude in Moskau zwei Demonstranten festgenommen. Der eine Mann habe ein Nawalny-kritisches Plakat getragen, der andere habe Losungen zur Unterstützung des Oppositionspolitikers gerufen, berichtete die Agentur Interfax am Dienstag.

Straße abgeriegelt

Die Polizei riegelte eine Straße vor dem Gerichtsgebäude ab; zahlreiche Beamte waren im Einsatz. Die Urteilsverkündung war überraschend um zwei Wochen vorverlegt worden. Nawalnys Umfeld vermutet, dass die Behörden damit eine geplante Demonstration zum ursprünglichen Termin Mitte Jänner ausbremsen wollen. Für Dienstagabend wurde jedoch bereits zu einer neuen Demonstration in Moskau aufgerufen.

Die Brüder sollen den französischen Kosmetikkonzern Yves Rocher um fast 27 Millionen Rubel (laut damaligem Wechselkurs knapp eine halbe Million Euro) betrogen haben, als das Unternehmen ihren Vertriebsdienst benutzte. Der Finanzdirektor der russischen Filiale von Yves Rocher, Christian Melnik, gab allerdings eine Erklärung ab, nach der dem Unternehmen durch die Kooperation mit dem Vertriebsdienst der Brüder Nawalny letztlich kein Schaden entstand. Ursprünglich hatte Yves Rocher jedoch eine Klage gegen Unbekannt eingereicht, weil das Unternehmen zunächst davon ausgegangen war, der Transportdienst hätte billiger ausgeführt werden müssen.

Nawalny hat fast das ganze Jahr unter Hausarrest verbracht, wobei er nur mit seinen Anwälten und Angehörigen kommunizieren durfte. Er hatte schon wiederholt mit der Justiz zu tun.