Bei der Cyberattacke wurden vertrauliche Firmenunterlagen sowie persönliche Daten und E-Mails aus dem System der US-Filmtochter Sony Pictures erbeutet. Unter dem Druck der Hacker stoppte das Unternehmen die Veröffentlichung einer Satire, in der Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un getötet wird. Sony ist dafür in Hollywood und Washington scharf kritisiert worden.

Die Bundespolizei FBI nannte kurz vor Obamas Rede offiziell die Regierung in Pjöngjang als Urheber der Angriffe. Bei dem Datendiebstahl seien Programme eingesetzt worden, wie sie auch im März 2013 von nordkoreanischen Angreifern bei Attacken auf südkoreanische Banken und Medien verwendet worden seien. Die Ermittler hätten zudem Verbindungen zu Computerschädlingen gefunden, die in Nordkorea entwickelt worden seien. Obama zufolge gibt es keine Hinweise auf eine Beteiligung anderer Nationen. Es ist das erste Mal, dass die USA offen einen anderen Staat für einen Cyberangriff auf ihr Territorium verantwortlich machen. Nach der FBI-Erklärung betonte ein nordkoreanischer UN-Diplomat, der namentlich nicht genannt werden wollte, sein Land habe nichts mit dem Angriff zu tun.

Obama kritisierte die Entscheidung von Sony, den Streifen "The Interview" nicht auf den Markt zu bringen. Man könne nicht zulassen, dass "irgendein Diktator" die Medien in den USA zensiere, sagte er. Sony hätte vor der Entscheidung mit ihm Rücksprache halten sollen. Auch prominente Schauspieler haben den Stopp verurteilt. Oscar-Gewinner George Clooney warf in einem Interview mit Deadline.com allerdings auch den großen Studio-Bossen in Hollywood vor, Sony im Stich zu lassen. "Wir können uns von Kim Jong-un nicht sagen lassen, was wir ansehen."

Sony wies indes die Kritik von US-Präsident Obama an der gestoppten Veröffentlichung der Filmsatire über Nordkorea zurück. "Wir sind nicht eingeknickt", sagte der Chef der US-Filmtochter Sony Pictures, Michael Lynton, am Freitag dem Sender CNN. "Der Präsident, die Presse und die Öffentlichkeit irren sich, was den tatsächlichen Ablauf angeht." Sony kontrolliere nicht die Kinos und könne nicht darüber entscheiden, welche Filme gezeigt würden. Obamas Bemerkungen seien enttäuschend, sagte Lynton. Er sei sich nicht sicher, ob der Präsident wirklich verstehe, was zu der Absage geführt habe. "Daher widerspreche ich der Darstellung, dass sie ein Fehler war."

Die Hackergruppe, die sich Guardians of Peace (GoP, dt. "Wächter des Friedens") nennt, zeigte sich dagegen zufrieden. Die Entscheidung von Sony sei "sehr weise" gewesen, zitierte der US-Sender CNN aus einer Botschaft an Sony, die den Angreifern zugeschrieben wurde. "Wir garantieren die Sicherheit Ihrer Daten, sofern Sie keinen weiteren Ärger machen." GoP hatte mit Anschlägen auf Kinos in den USA gedroht.

Welche Maßnahmen die USA konkret gegen Nordkorea einleiten könnten, blieb zunächst unklar. Experten sehen kaum eine Handhabe: Die abgeschottete, bloß 50 Milliarden Dollar (41 Mrd. Euro) große Volkswirtschaft des kommunistischen Landes bietet wenig Angriffsfläche. Zudem sind wegen des Streits über Nordkoreas Atomprogramm bereits umfangreiche Sanktionen in Kraft.

"Es gibt verdammt wenig, was sie wirklich tun können", sagte Jim Lewis vom Center for Strategic and International Studies. "Erstens, Nordkorea hat keine Wirtschaft. Zweitens, wir haben gegen sie bereits jede dem Menschen bekannte Sanktion verhängt." Ein Schlagabtausch über das Internet würde für die USA nicht gut ausgehen: "Man kann die Lichter in Pjöngjang ausgehen lassen, und sie könnten in New York das Licht löschen. Wer nimmt mehr Schaden?"