Zugleich bleibe zu konstatieren: "Das Wachstum hat in der Diskussion die Oberhand gewonnen - noch nicht in der Umsetzung." Für diese Umsetzung bedürfe es konkreter Vorgaben für die Kriterien, nach denen ein Projekt bewilligt werden kann: "Die Leitlinien müssen eine gewisse Qualität aufweisen." Konkret stelle sich hier für Österreich die Frage, ob grüne Technologien oder Kernkraftwerke gefördert würden - wovon auch abhängen werde, ob Österreich in den Europäischen Fonds für Strategische Investitionen (EFSI) einzahle: "Es wird noch ein weiter Weg sein zu beurteilen, ob sich Österreich im konkreten Projektbereich beteiligt."

Faymann stellte jedenfalls klar: "Wir wollen in keiner Weise daran beteiligt sein, dass Kernkraftwerke auf diesem Wege finanziert werden." Dies werde sich dann bald weisen: "Wir werden beobachten, ob es sich da um eine unnötige Sorge von uns handelt. Man muss ja nicht immer das Schlimmste annehmen." Ob Mittel für den Atombereich generell abgelehnt würden oder etwa Sicherungsmaßnahmen mitgetragen würden, hänge vom konkreten Projekt ab. Mittel für das Abwracken eines Atomkraftwerks will Faymann gerne zur Verfügung stellen. Bei der Formulierung "verstärkte Sicherheit" für bestehende Kraftwerke sei er jedoch vorsichtig: "Uns unter diesem Titel Erweiterungen zu verkaufen, dagegen haben wir etwas."

Ob Österreich im Fall der Fälle mit konkreten Zahlungen oder Garantien in den neuen Investitionsfonds einsteige, bleibe abzuwarten. "Das Finanzministerium bevorzugt Haftungen und Garantien. Man soll dabei aber nie übersehen: Auch das kann echtes Geld sein", so Faymann.

Dass sich der Gipfel auch für einen Abschluss des geplanten TTIP-Freihandelsabkommens mit den USA bis Ende 2015 ausgesprochen habe, dagegen spreche an sich nichts - unter bestimmten Voraussetzungen. "Es ist schön, wenn Freihandel forciert wird - auf der Basis von hohen Umweltstandards", betonte Faymann. Negativ wäre hingegen, sollten diese hohen Standards gekappt werden. Sauer stoßen dem Kanzler in diesem Zusammenhang die geplanten Schiedsgerichte im Zuge der Investorenschutzklauseln auf. "Wir sind überzeugt, dass sowohl der kanadische als auch der US-amerikanische Rechtsstaat stark genug ist, um auf diese Sondergerichte zu verzichten", betonte Faymann.

Beim zweiten großen Gipfelthema, den Russland-Sanktionen im Zuge der Ukraine-Krise, warnte der Kanzler vor Falken unter den Staats- und Regierungschefs: "Die Sanktionen waren eine Art Notwehr. Es gibt aber einige, die machen eine Art Religion daraus." Der Gipfel habe wieder zu einer gemeinsamen Stellungnahme gefunden, der Kontrast zwischen jenen, die sich für die Sanktionen stark machten und jenen, die auch Alternativen aufzeigen wollen, sei aber auch evident: "Es gibt nicht nur den einen Weg, der immer tiefer hinein führt - es gibt auch den anderen Weg, der herausführt." Eine Debatte etwa über eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine sei jedenfalls kontraproduktiv: "Alles, was in Richtung militärischer Lösung geht, ist abzulehnen. Alles was in Richtung Friedensverhandlungen geht, ist der richtige Weg."

Vollends zufrieden zeigte sich der Kanzler indes mit der Gipfelregie des neuen Ratspräsidenten Donald Tusk, der das eigentlich auf zwei Tage angesetzte Treffen bereits am Donnerstag enden ließ: "Wenn man ernsthaft an die Sache herangeht, kann man kürzer sein." Und der Grundsatz bleibe: "Die Länge der Diskussion sagt noch nichts über die Qualität aus."