"Indem wir diesen Preis verleihen, anerkennt das Europäische Parlament seine bewundernswerte Arbeit als Mediziner, und es ehrt den Mann, der für die Würde der Frauen und für Gerechtigkeit und Frieden in seinem Land kämpft", sagte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz. "Das von ihm gegründete Panzi-Spital in Bukavu ist zum Schutzort für tausende Frauen und Mädchen, von Opfern sexueller Gewalt, geworden."

Der Körper von Frauen sei im Kongo ein "regelrechtes Schlachtfeld" geworden, sagte Mukwege. Massenvergewaltigungen würden als "Kriegswaffe" benutzt, sie seien Teil einer "schrecklichen Strategie der Kriegsführung", betonte der 59-Jährige, der in Begleitung seiner Frau nach Straßburg gekommen war.

Im Kongo vergehe kaum ein Tag ohne menschliche Dramen, sagte der Arzt. Schwangeren Frauen werde der Bauch aufgeschlitzt, ihre ungeborenen Kinder würden verstümmelt. Insgesamt seien im Kongo mehrere hunderttausend Frauen vergewaltigt worden, sagte Mukwege.

"Wie können wir als Menschen dazu schweigen?" Überall in der Welt würden solche Verbrechen Entrüstung hervorrufen. Doch im Kongo würden diese Gräueltaten als "Nebensache" betrachtet, sagte der Preisträger. Dies zeige, wie sehr die kongolesische Gesellschaft durch zu viel Gewalt traumatisiert sei, sagte Mukwege, dem eine Delegation von kongolesischen Frauen auf der Besuchertribüne singend und tanzend zujubelte.

An die EU appellierte der Preisträger, bei Wirtschaftsabkommen mit seinem Land konsequenter auf die Achtung von Menschenrechten und Demokratie zu achten. Der Straflosigkeit müsse ein Ende gesetzt werden, betonte der Arzt, der sich seit langem dafür einsetzt, Massenvergewaltigungen während bewaffneter Konflikte als "Kriegswaffe" einzustufen. Vergewaltigungen, die von Befehlshabern angeordnet würden, seien Kriegsverbrechen und müssten als solche bestraft werden, forderte auch Schulz.

Mukwege operiert seit Jahren Frauen, die Opfer von Vergewaltigungen wurden und deren Geschlechtsorgane oft völlig zerstört wurden. Der Gynäkologe, der im Kongo und in Frankreich ausgebildet wurde, gilt weltweit als Spezialist für das Rekonstruieren von weiblichen Geschlechtsorganen. Er hat mehrere tausend Frauen operiert, die während des Bürgerkriegs vergewaltigt wurden. Zudem setzt er sich für die soziale und moralische Rehabilitation von Vergewaltigungsopfern im Kongo ein, wo die betroffenen Frauen oft von der Gesellschaft an den Pranger gestellt werden.

Der nach dem verstorbenen russischen Dissidenten und Physiker Andrej Sacharow benannte und mit 50.000 Euro dotierte Preis wird seit dem Jahr 1988 an Persönlichkeiten oder Organisationen verliehen, die sich für Menschenrechte und Demokratie einsetzen.

Im vergangenen Jahr ging der Preis an die bei einen Taliban-Anschlag lebensgefährlich verletzte pakistanische Kinderrechtsaktivistin Malala Yousafzai. Sie erhielt dieses Jahr auch den Friedensnobelpreis. Andere Träger des Sacharow-Preises waren der ehemalige südafrikanische Präsident Nelson Mandela, der Vater des Prager Frühlings, Alexander Dubcek, der chinesische Dissident Wei Jingsheng, die myanmarische Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi und der kubanische Bürgerrechtler Guillermo Farinas.