Sie haben für das Finanzministerium in einem Gutachten analysiert, ob ein Bundesland in Konkurs gehen kann. Demnach muss das angeschlagene Kärnten wohl zittern. Wie akut?
MICHAEL POTACS: Derzeit haftet das Land Kärnten für rund zehn Milliarden Euro Hypo-Verbindlichkeiten. Das Problem könnte sich stellen, wenn diese Haftungen schlagend werden. Wann das der Fall ist, lässt sich derzeit noch nicht mit Sicherheit sagen. Angeblich wurden bereits Klagen gegen das Land Kärnten erhoben.


Wie würde ein solcher Konkursfall ablaufen?
POTACS: Es müsste ein Insolvenzantrag vom Land oder von einem Gläubiger gestellt werden. Dann kommt es darauf an, ob ein Sanierungsplan von den Gläubigern angenommen wird. Nur in dem Fall wirkt das Insolvenzverfahren schuldbefreiend.


Die wichtigste Einnahmenquelle der Länder, die jährlichen Ertragsanteile des Bundes, wäre im Konkursfall von der Zwangsvollstreckung nicht erfasst?
POTACS: Die Frage ist nicht geklärt. Es spricht manches dafür, dass Abgabenertragsanteile der Länder grundsätzlich nicht von der Zwangsvollstreckung erfasst sind.


Nur ein schwacher Trost: Wichtige Hoheitsaufgaben Kärntens wären im Insolvenzfall vom Zugriff ausgenommen und weiter zu finanzieren – wo aber liegen hier die Grenzen bei Schulen, Spitälern, Gehältern?
POTACS: Schulen und Spitäler wären als öffentliche und gemeinnützige Anstalten nach der Exekutionsordnung bereits ausdrücklich von der Zwangsvollstreckung und damit auch von einem Insolvenzverfahren ausgenommen. Gleiches gilt meiner Ansicht nach von Verfassungs wegen auch für die Gehälter der Beamten.


Als sein größtes Vermögen erhob Kärnten seine Straßen. Sind die überhaupt verwertbar?
POTACS: Landesstraßen sind gesetzlich geregelt und daher nach meiner Auffassung einer Exekution und einem Insolvenzverfahren entzogen.


Wo steckt die größte Gefahr für Kärnten, dass die Milliardenhaftungen für die Heta schlagend werden und das Land insolvent wird? Gläubigerklagen?
POTACS: Die größte Gefahr besteht darin, dass die Haftungen für Kärnten schlagend werden, weil die Heta ihren Verpflichtungen nicht nachkommt. Dann stellt sich für Kärnten die Frage einer Insolvenz unabhängig von Gläubigerklagen.


Stellt der drastische Fall Kärnten die österreichische Bundesstaatlichkeit in Frage?
POTACS: Die Bundesstaatlichkeit wird durch den Fall Kärnten schon deshalb nicht in Frage gestellt, weil die Verfassung die Funktionsfähigkeit der Bundesländer voraussetzt und gewährleistet, wodurch einem Vollstreckungs- und Insolvenzverfahren Grenzen gesetzt sind. Allerdings sollte der Fall Kärnten den Ländern ihre finanzielle Selbstverantwortung vielleicht stärker ins Bewusstsein rufen.
INTERVIEW: ADOLF WINKLER