Im Bürgerkrieg in der westafrikanischen Republik Côte d'Ivoire (Elfenbeinküste) haben Kämpfer des international anerkannten Siegers der Präsidentenwahl vom November, Alassane Ouattara, ein Massaker an Zivilisten verübt. Dabei wurden Anfang Woche in der westlich gelegenen Stadt Duékoué mindestens 800 Menschen umgebracht. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) erklärte in Genf, in Duékoué seien mindestens 800 Menschen getötet worden. Bewaffnete Anhänger Ouattaras und des abgewählten, aber an seinem Amt festhaltenden Präsidenten Laurent Gbagbo hatten sich dort heftige Kämpfe geliefert.

Dieses Ereignis sei durch seine Brutalität besonders schockierend, zitierte das IKRK in einem Kommuniqué seine Delegationschefin Dominique Liengme. Seit Montag seien Zehntausende von Frauen, Männern und Kindern aus Duékoué geflohen. Die Hilfsorganisation Caritas sprach sogar von über tausend Menschen, die dem Massaker zum Opfer gefallen seien. Auch die UNO-Mission erhob schwere Vorwürfe gegen die Truppen Ouattaras aus dem muslimischen Norden des Landes. Der Großteil der Opfer sei von Ouattara-Leuten getötet worden. Bevor die Stadt von den Ouattara-Truppen belagert worden sei, hätten "Milizen und Söldner" des Gabgbo-Lagers Menschen aus dem Norden angegriffen und mehr als 100 von ihnen getötet, sagte der UNO-Menschenrechtsbeauftragte Guillaume N'Gefa. Die Zahl der Opfer werde sich wahrscheinlich erhöhen, weil die Untersuchung andauere.

Ouattara ließ die Anschuldigungen umgehend zurückweisen. Bereits kurz nachdem das IKRK das Massaker bekanntgemacht hatte, hatte das Ouattara-Lager erklärt, man habe an anderen Orten "zahlreiche Massengräber" entdeckt. Diese seien in Toulepleu, Blolequin und Guiglo im Westen des Landes gefunden worden. Dafür seien die "Söldner und Milizen" Gbagbos verantwortlich.

Der Elfenbeinküste drohen nach Erkenntnissen der Brüsseler Expertengruppe "International Crisis Group" eine dramatische Eskalation und verheerende Wellen der Gewalt. In der ehemaligen französischen Kolonie gibt es auch Gastarbeiter, die einst zu Hunderttausenden ins Land gekommen sind. Schon jetzt seien sie Pogromen ausgesetzt, berichtete die Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" (HRW) aus Abidjan. Ein ähnliches Szenario wie beim Völkermord in Ruanda, wo über 800.000 Menschen bestialisch niedergemetzelt wurden, sei nicht mehr auszuschließen.

Nach einer Offensive vor knapp einer Woche kontrollieren die Ouattara-Truppen inzwischen den Großteil des Landes. Ouattara hatte die Wahl im November nach Feststellung der unabhängigen Wahlkommission mit 54,1 Prozent der Stimmen gewonnen. Das von Gbagbo-Gefolgsleuten dominierte Verfassungsgericht rief jedoch den bisherigen Amtsinhaber zum Sieger aus, nachdem rund eine halbe Million Stimmen mit der Begründung annulliert worden war, dass in den Hochburgen Ouattaras im Norden Anhänger Gbagbos an der Stimmabgabe gehindert worden seien.

Am Samstag kam es zu Straßenkämpfen in der Wirtschaftsmetropole Abidjan. Rund um die Gbagbo-Bastionen und den Sitz des Staatsfernsehens waren Schüsse zu hören. Gbago-Anhängern gelang es nach Augenzeugenberichten, die Kontrolle über den TV-Sender wieder zu übernehmen, die sie am Vortag verloren hatten. Gbagbo will nach den Worten seines Vertrauten Alain Toussaint "lieber sterben als aufgeben". Unklar war der Aufenthaltsort des 65-Jährigen, der seit 2000 an der Macht war.