Kardinal Christoph Schönborns engste Familie, seine Mutter und seine drei Geschwister, erlebt derzeit bange Stunden. "Die ganze Familie hat Angst davor, dass Christoph zum Papst gewählt wird", gesteht die Mutter des Papst-Anwärters.

Eleonore Schönborn lebt hochbetagt in Schruns im Montafon in Vorarlberg, wo auch der für das Konklave hoch gehandelte Wiener Erzbischof nach der Flucht der Familie aus Böhmen aufgewachsen ist. Die 92-jährige Mutter hat die Abschiedsrede von Joseph Ratzinger gehört. "Er sagte, dass man als Papst voll und ganz der Kirche gehört. Da gibt es kein Privatleben mehr." Wenn ihr Sohn Papst würde, "dann ist es für mich vorbei. Dann seh ich den Christoph überhaupt nicht mehr. Denn ich habe nicht mehr die Kraft, nach Rom zu fahren."

Schon jetzt sieht sie ihren Sohn nicht oft - wegen seiner Verpflichtungen als Kardinal und Erzbischof von Wien. Einmal im Jahr reist sie zu ihm in die Bundeshauptstadt. "Dann bleibe ich für ein paar Wochen dort." Wenn Eleonore Schönborn zu Hause in Schruns ist, halten sie übers Telefon den Kontakt aufrecht. Der Kardinal ruft seine Mutter jeden Samstag an.

Selbstverständlich ist ihr klar, dass das Papstamt großes Ansehen mit sich brächte - nicht nur für ihren Sohn, sondern für die ganze Familie. "Aber so groß die Ehre wäre, so groß wäre der Schmerz, ihn nicht mehr zu sehen."

"Zu gütig für diesen Job"

Im Übrigen findet sie, dass einem die Ehre nichts bringt, wenn einen die Last des Amtes niederdrückt. "So eine Last wünsche ich niemandem, schon gar nicht meinem Sohn." Dazu liebt sie ihn viel zu sehr. Sie kennt ihren Sohn gut. Deshalb ist sie auch überzeugt, dass er als Papst überfordert wäre. "Das wär viel zu schwer für ihn. Er hat seine Diözese gut im Griff, aber die Weltkirche zu führen, ist etwas anders, als eine Diözese zu leiten." Die 92-Jährige ist sich sicher: "Christoph wäre den Gemeinheiten im Vatikan nicht gewachsen. Ihm reichen die Intrigen in Wien." Nach Meinung der alten Mutter ist ihr Sohn für diesen "Job" viel zu gütig. "Er nimmt von jedem Menschen nur das Beste an und ist zutiefst gekränkt, wenn man nicht ehrlich ist." Solche Charaktereigenschaften, so meint sie, seien keine guten Voraussetzungen, um im Vatikan zu bestehen.

Für eine schöne Karriere in der kirchlichen Hierarchie hat's trotzdem gereicht. "Dabei hat Christoph keines der Ämter von sich aus angestrebt. Er macht halt, was der Herrgott will, und dient." Laut Eleonore hat sich ihr Sohn als Mönch im Kloster am wohlsten gefühlt. "Dort war er 28 Jahre. Das war sein Leben. Dort fühlte er sich zu Hause."

Während seine Familie bangt und zittert, gibt sich der Kardinal gelassen. "Regt's euch nicht auf, ich werde bestimmt nicht Papst", beruhigte er seine aufgewühlte Familie vor dem Konklave.