Mit dem öffentlichen Vortrag von Eidesformeln tut sich Barack Obama offenbar schwer. Als er am Montag vor dem Kapitol in Washington seinen Amtseid leistete und dabei auf ein Meer aus US-Fahnen blickte, verhaspelte er sich ein wenig - ausgerechnet beim Wort "Vereinigte Staaten". Ähnlich wie 2009, als die erste Amtszeit des ersten schwarzen US-Präsidenten begann und Obama sich damals ebenfalls versprach. Doch die kleine Panne war bald vergessen im Donner der Salutschüsse.

Antrittsreden in den USA, hat der Washingtoner Politikwissenschaftler Michael Cornfield zuvor gesagt, seien in der Regel wie Poesie. Für Ansagen im prosaischen Stil sei immer noch Mitte Februar Zeit, wenn der Präsident im Kongress die traditionelle Rede zur Lage der Nation halte. Doch gleich zu Beginn seiner zweiten Amtszeit brach Obama mit dieser Tradition. Er sprach Klartext. Er stimmte die Amerikaner auf harte Zeiten ein. Es gelte, die Staatsverschuldung zu senken und ein finanzierbares Gesundheitssystem zu erhalten. Es gelte, die Demokratie von Asien bis Afrika, vom amerikanischen Kontinent bis hin zum Nahen Osten zu fördern. Und er sagte auch: "Das Jahrzehnt des Krieges endet nun."

Die rund 800.000 Amerikaner vor dem Kapitol in der US-Hauptstadt und Millionen vor den TV-Schirmen haben am Montag jedenfalls einen veränderten Präsidenten erlebt. Die Sanftheit, die Obama in den vergangenen vier Jahren im öffentlichen Streit in Washington an den Tag gelegt hat, ist seit seiner Wiederwahl Anfang November nahezu vollständig aus seiner Sprache verschwunden. Obama ist risikobereiter geworden - und härter.

Die Menschen jubelten ihm in diesem Moment dennoch zu. Denn sie hörten, was sie hören wollen. "Das ist ein quasireligiöser Feiertag bei uns", hat der Wissenschaftler Cornfield erklärt: "Wir sind eine Nation von Extrovertierten. Wir lieben den Glamour und unsere Paraden. Wir sind irgendwie Exhibitionisten."

Washington war in Feierstimmung. Kurz nach der Eidesformel sang Kelly Clarkson für den Präsidenten, danach schmetterte die Sängerin Beyoncé die US-Hymne. Sie machte das ähnlich eindrucksvoll wie Aretha Franklin, die im Jahr 2009 bei der ersten Amtseinführung Obamas gesungen hat. Tausende sangen mit. In den Zeitungen war die neue Frisur von First Lady Michelle Obama mindestens genauso wichtig wie die jüngste Entwicklung im syrischen Bürgerkrieg. Nein: wichtiger.

Und doch war es in diesem Jahr anders als vor vier Jahren. Die Grundstimmung in den USA ist nachdenklicher geworden, stiller, weniger aufgeregt. Das hängt mit dem Blutbad von Newtown zusammen, bei dem Mitte Dezember 20 Schulkinder von einem Amokläufer getötet wurden. Das Ereignis hat Obama mitgenommen. Schon wenige Tage nach dem Massaker hat er angekündigt, er werde nicht ruhen, bis die laxen Waffengesetze im Land verschärft seien.

Während seiner Antrittsrede unterstrich der Präsident seine Absicht. Er sagt: "Unsere Reise ist nicht abgeschlossen, bis alle unsere Kinder - von den Straßen in Detroit bis zu den Hügeln der Appalachen und den ruhigen Gassen von Newtown - wissen, dass sie immer vor Gefahr bewahrt werden."

Die Waffenlobby wird Obama dieses Vorhaben aber nicht leicht machen.