Ferrari-Star Sebastian Vettel hat am Sonntag im Nacht-Grand-Prix von Singapur seinen dritten Saisonsieg gefeiert. Der von der Pole Position gestartete Deutsche diktierte den 13. Saisonlauf von Beginn weg und durfte am Ende über seinen insgesamt 42. GP-Sieg jubeln. WM-Leader und Titelverteidiger Lewis Hamilton fiel dagegen in Runde 33 aus und blieb damit erstmals in dieser Saison punktlos.

Der 30-jährige Mercedes-Pilot führt die Fahrerwertung aber weiter überlegen an. Hinter Vettel landeten der Australier Daniel Ricciardo im Red Bull und der Finne Kimi Räikkönen im zweiten Ferrari. Erst dahinter folgte Hamiltons deutscher Teamkollege Nico Rosberg auf Platz vier, der nun 41 Punkte Rückstand auf den Engländer hat. Vettel fehlen als WM-Dritten 49 Zähler auf Hamilton.

"Ich bin überglücklich, das war eines meiner besten Rennen. Wir hatten ein tolles Wochenende", betonte Vettel nach dem insgesamt 75. Stockerlplatz seiner Karriere. Der vierfache Weltmeister, der heuer schon in Malaysia und Ungarn gesiegt hatte, überholte damit in der "ewigen" Sieg-Statistik auch den legendären Brasilianer Ayrton Senna (41 Siege) und ist nun hinter seinem Landsmann Michael Schumacher (91) sowie dem Franzosen Alain Prost (51) alleiniger Dritter.

Neben Vettel war auch Ricciardo überglücklich über Platz zwei. "Es fühlt sich gut an, wieder hier oben zu stehen", meinte der Australier zu seinem zweiten Podestplatz in dieser Saison nach Rang drei in Ungarn. Champion Hamilton verpasste indes sein großes Ziel, in seinem 161. Grand Prix die Marke seines Kindheitsidols Senna einzustellen. Bereits im Qualifying war der Brite daran gescheitert, den Formel-1-Rekord des Brasilianers aus den Jahren 1988 und 1989 einzustellen, als dieser acht Mal in Serie die Pole erobert hatte. Der Vorjahressieger war lediglich auf Startrang fünf gekommen.

Auch das Rennen begann für das Mercedes-Team, das am Samstag erstmals nach 23 Qualifying-Bestzeiten en suite die Pole verpasste hatte, schlecht. Ein Problem mit der Motorelektronik machte vor allem Rosberg schon vor dem Start zu schaffen. In Runde 27 kam dann der verhängnisvolle Funkspruch von Hamilton: "Ich verliere Power."

Danach wurde der zu diesem Zeitpunkt auf Rang fünf liegende Weltmeister bis ans Ende des Feldes durchgereicht und entschloss sich schließlich nach Rücksprache mit dem Team in Runde 33 zur Aufgabe. Hamilton hatte in allen bisherigen zwölf Rennen stets Punkte geholt und war mit Ausnahme von Ungarn (Platz sechs) immer auf dem Podest gestanden.

"Das Auto war bis zum Leistungsabfall fantastisch. Ich hätte das Rennen gewinnen können und habe deshalb heute viele Punkte verloren", erklärte Hamilton nach seinem ersten Ausfall seit dem 24. August des Vorjahres, als er im Belgien-GP in Spa-Francorchamps nach der als "Reifenschlitzaffäre" bekannten Startkollision mit Rosberg ebenfalls ohne Aussicht auf Punkte das Rennen vorzeitig beendet hatte.

"Das ganze Wochenende war ein bisschen charakterbildend", meinte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. Grund für den Leistungsabfall bei Hamilton war laut dem Wiener, dass "ein Teil vom Motor bei Lewis kaputtgegangen ist". Wolff gratulierte Ferrari zu einer "Megaleistung" und zum ersten Saisonrennen mit beiden Fahrern auf dem Podest, machte aber auch bereits die erste Kampfansage für das Rennen am kommenden Sonntag in Japan: "Wir müssen jetzt nächste Woche zurückschlagen."

Wie immer gab es auf dem Stadtkurs in Singapur Safety-Car-Phasen. Die erste folgte auf eine Kollision von Felipe Massa (BRA/Williams) mit Nico Hülkenberg (GER/Force India) in Runde 13. Der Deutsche wurde von den Stewards als Schuldiger mit einer Rückversetzung um drei Startplätze im nächsten Rennen in Suzuka bestraft. Das zweite Mal musste das Sicherheitsfahrzeug in Runde 38 ausrücken, weil ein Fan einen kurzen Spaziergang auf der Strecke gewagt hatte. Vettel traute seinen Augen nicht. "Da ist ein Mann auf der Strecke", funkte der Deutsche seiner Box.

Vettel holt sich den Sieg
Vettel holt sich den Sieg © kk
Der Mann ganz rechts, gehört hier eigentlich nicht hin ...
Crash Massa-Hülkenberg
Crash Massa-Hülkenberg © KK

Formel 1 in der Motoren-Krise

Die Formel 1 rast immer tiefer in eine Motoren-Krise. Die Rückzugsdrohungen von Renault, Red Bull und Toro Rosso kratzen am ohnehin brüchigen Image der Königsklasse, der mögliche Einstieg von VW im Jahr 2018 bleibt eine höchst vage Option. Am Rande des Grand Prix von Singapur spitzte sich die Debatte um künftige Motoren-Partnerschaften und den Preis der Triebwerke weiter zu.

"Grenzwertiger Blödsinn", meinte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff zu den Spekulationen um die Kosten, die angeblich auf die Kundenteams ab der kommenden Saison zukommen sollen. Die Sorge ist aber groß. Eine Zwei-Klassen-Gesellschaft droht, unter der die Attraktivität der Formel 1 weiter leiden könnte. Denn es könnte so kommen, dass manche Teams 2016 des Geldes wegen mit einer ein Jahr alten Antriebsversion antreten. "Dann haben wir fünf, sechs, sieben Autos, die vorne wegfahren und nach zehn Runden 30 Sekunden Vorsprung haben", prophezeite Toro-Rosso-Teamchef Franz Tost.

Als ob das Klagen über die Überlegenheit der Mercedes zuletzt nicht laut genug gewesen wäre. Formel-1-Geschäftsführer Bernie Ecclestone machte diese Dominanz sogar nun in der britischen Zeitung "Independent" mitverantwortlich dafür, dass andere Hersteller wegbleiben.

Tatsächlich fahren nach jetzigem Stand im kommenden Jahr neun von elf Rennställen - das US-Team Haas steigt neu ein - mit den sogenannten Power Units von nur zwei Autobauern, Mercedes und Ferrari. Hinzu kommt Honda, das weiter McLaren versorgt. Renault hält sich neben dem Ausstieg noch die Option eines Kaufs des verschuldeten Lotus-Teams offen. Für Lotus wäre das die Rettung, nachdem der Londoner High Court wegen unbezahlter Rechnungen noch einmal Aufschub bis nach dem nächsten Grand Prix in Japan gewährte.

Zumindest in einer Hinsicht scheint sich die Formel 1 seit Jahren im Kreis zu drehen. Seit der Einführung der Turbo-Hybridmotoren in der Vorsaison reißt die Diskussion um die Technik, ihren ungewohnt niedrigen Geräuschpegel und ihre Kosten nicht ab. Kundenteams müssen angeblich bis zu 20 Millionen Euro und noch mehr zahlen, um mit den hochkomplexen Motoren fahren zu können.

Nun soll zumindest auf die Kostendebatte ein Deckel drauf. Zwölf Millionen Euro für eine aktuelle Version, eine ein Jahr alte Version soll acht Millionen Euro kosten, hatte das Fachmagazin "Autosport" berichtet. Für ein Team wie Mercedes-Kunde Williams, "bei dem Budget, das wir haben", seien vier Millionen Euro Ersparnis eine Hilfe. "Wir können das Geld dann in andere Bereiche investieren", meinte Gründer-Tochter Claire Williams.

Die Vorschläge der Formel-1-Strategiegruppe müssen nun in der zuständigen Kommission und im Motorsport-Weltrat der FIA verhandelt werden. Im Fall von Red Bull und seinem Schwesternteam Toro Rosso aber drängt die Zeit. Das vorzeitige Ende der Partnerschaft mit Renault zum Saisonende ist besiegelt. Der weitere Weg der von Getränke-Milliardär Dietrich Mateschitz alimentierten Rennställe scheint offen.

Mateschitz und sein Motorsportberater Helmut Marko, der in Singapur ganz offen mit dem Ausstieg nach Saisonende drohte, berichteten immerhin von "positiven" bzw. "vielversprechenden Gesprächen" mit Ferrari. Dazu kommen die immer wiederkehrenden Gerüchte um einen Einstieg von VW durch Ex-Teambesitzer und TV-Experte Eddie Jordan. Bis Red Bull ab 2018 mit VW-Power Gas geben könnte, komme zwei Jahre ein Ferrari-Motor zum Einsatz - so die Theorie. "Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns an solchen Spekulationen nicht beteiligen möchten", lautete die Reaktion von Volkswagen.

Hinterherfahren aber will Red Bull nicht. Sollte sich der einstige Branchenführer tatsächlich gemeinsam mit Toro Rosso zurückziehen und auch Lotus in die Pleite fahren, geriete Ecclestones Geschäftsgrundlage in Gefahr. Dann stünden 2016 womöglich nur noch acht Teams in der Startformation.