Karel Schwarzenberg war eine Zeitlang der beliebteste Politiker Tschechiens und galt als ein Favorit der Präsidentenwahl. Dann fielen seine Zustimmung deutlich, vor allem wegen der liberalen Reformpolitik seiner Partei TOP 09 in der Regierung. Nur ein paar Tage vor der Wahl begann er in den Umfragen plötzlich wieder zuzulegen - und die große Überraschung ist da: Schwarzenberg geht in die Stichwahl.

Der "Fürst"

Der "Fürst", wie ihn viele Tschechen nennen, ahnte es wohl und passte seinen Wahlspruch an: "Schon in der ersten Runde wird mit-entschieden". Als ob den Wählern noch sagen würde: "Vorsicht! Wenn Sie mit mir eventuell doch noch rechnen wollen, dürfen sie die Chance in der ersten Runde nicht verpassen!".

Offenbar half ihm auch das Stolpern des Favoriten Jan Fischer. Der Statistik-Experte wirkte ein bisschen unsicher und nervös in den TV-Debatten. Fischers Umfragewerte begannen zu fallen, während jene von Schwarzenberg stiegen, was vor allem die Buchmacher - und aus Zeitgründen weniger die Meinungsforscher - erkannten.

Außerdem ist Schwarzenberg ein "alter Hase" der Politik und weiß, wie man einen guten Wahlkampf macht. Mehrere populäre Künstler konnte er für seine Wahlkampagne gewinnen. Dabei konnte er auch bei jungen Wählern punkten, obwohl er im Dezember den 75. Geburtstag feierte und damit der älteste aller neun Kandidaten ist. Schwarzenberg zu wählen, bedeutet einfach für viele "in" zu sein, vor allem in Prag, der Hochburg der tschechischen Konservativen. So groß ist heute sein Charisma.

Die Zeiten, in denen viele Tschechen den Erben eines der berühmtesten Adelshäuser der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie mit Misstrauen begegneten, sind vorbei. Auch mit "Kavaliersdelikten" konnte er seine Popularität steigern. Beispielsweise damit, dass er bei Konferenzen oder Sitzungen oft einschlummert. "Der Herr Minister schläft nicht. Er denkt nur nach", sagte einst seine frühere Sprecherin in Reaktion auf ein Foto, das eine Firma ohne Wissen des Außenministers zur Werbung für ihren Energydrink verwendet hatte.

Dieses "Nachdenken" brachte ihm Sympathien unter den Tschechen, genauso wie sein nobles Auftreten, seine Ruhe, gleichzeitig aber auch seine Direktheit, die er manchmal mit der Verwendung von umgangssprachlichen Ausdrücken oder sogar Schimpfwörtern beweist. Opfer dieser Offenheit wurden auch österreichische Atomgegner, die er mit dem Ausdruck "magor" bezeichnete, der mit "kompletter Narr", "Trottel" oder "Spinner" übersetzen werden kann.

Schwarzenberg wurde am 10. Dezember 1937 in Prag geboren. Wie er selbst betont, ist dies der Tag der Menschenrechte. "Und so ist es vielleicht symbolisch, dass ich in diesem Bereich lange gearbeitet habe", sagt er. Seine Kindheit verbrachte er in Prag, auf der Burg Orlik sowie in Cimelice in Böhmen. Er musste seine Heimat nach der Machtübernahme der Kommunisten 1948 verlassen. Nach der Flucht studierte er in Wien Rechtswissenschaften, in München Forstwirtschaft. Aufgrund des vorzeitigen Todes seines Adoptivvaters Heinrich Schwarzenberg musste er das Studium abbrechen und den Familienbesitz in Österreich und Bayern verwalten. Onkel Heinrich, Oberhaupt der Erblinie, hatte keinen männlichen Nachfolger.

Nach der Wende 1989 kehrte Schwarzenberg in die Tschechoslowakei zurück. Staatspräsident Vaclav Havel machte ihn 1990 zum Kanzlei-Chef ("Kanzler"). Ende Mai 2010 trat Schwarzenberg mit seiner neu gegründeten rechtsliberalen Partei TOP 09 an und schaffte auf Anhieb fast 17 Prozent. Er wurde Außenminister der Mitte-Rechtsregierung, wie er es auch schon von Jänner 2007 bis Mai 2009 war. Er besitzt einen tschechischen und einen schweizerischen Reisepass und verbrachte den Großteil seines Lebens in Österreich. Er ist zum zweiten Mal mit derselben Frau verheiratet, mit der er zwei Kinder hat.