Caritas-Präsident Franz Küberl empfiehlt der Amtskirche, Diskussionen über grundlegende Reformen zuzulassen und "unterschiedliche Positionen in einer klugen, erwachsenen Form zu bewältigen. Pardon, das wird auch der Vatikan lernen müssen", sagte er im Gespräch mit der APA. Küberl bemängelte auch das derzeitige Fehlen einer katholischen Soziallehre.

"Die Caritas hat schon ein großes Interesse, dass die Rahmenbedingungen der Glaubenserfahrungsmöglichkeiten vernünftig stimmen", äußerte er sich zum Konflikt der Amtskirche mit der Pfarrer-Initiative und deren Sprecher, Küberls Vorgänger Helmut Schüller. Für eine "Endzeitstimmung" bestehe allerdings kein Grund, "wir sind in der Kirche zum gemeinsamen Nachdenken, zum Dialog und durchaus auch zur Debatte und Auseinandersetzung verpflichtet".

Bedauernswert findet es Küberl, dass im Zuge der aktuellen Debatte andere Themen nicht zur Sprache kämen: "Hätten wir eine funktionierende katholische Soziallehre, dann würde mit Recht betont werden, dass die Derivate bis Anfang der 80er Jahre in den USA unter Glücksspielverbot gelaufen sind und dass es Zeit wäre, das wieder dorthin zu bringen."

Küberl äußerte sich auch zum Asylthema: Er fordert einheitliche Standards für die Unterbringung von Asylwerbern in Österreich. Die Bundesländer könnten dazu ein Grundsatzpapier unterzeichnen, schlug er vor. Gewisse Forderungen der Flüchtlinge kann Küberl nachvollziehen, denn: "Wir sind ja nicht im Himmel, schon gar nicht mit dem Asylgesetz." Auch bei den Zuverdienstmöglichkeiten müsse es Verbesserungen geben.

Im Fall der Flüchtlinge, die derzeit die Wiener Votivkirche besetzt haben, lobt Küberl die dort geleistete Arbeit der Hilfsorganisation. "Die Caritas Wien ist ja wie die Jungfrau zum Kind gekommen. Kirchenraum zu besetzen ist sozusagen eine doppelt heikle Situation und ich glaube, sie haben wahnsinnig viel Beruhigung und Struktur hineingebracht."