Die Währungsreserven der angeschlagenen Rohstoffmacht Russland sind erstmals seit 2009 unter die Marke von 400 Milliarden Dollar gerutscht. Die Summe liege nun bei 398,9 Milliarden US-Dollar (327 Mrd. Euro), teilte die russische Zentralbank am Donnerstag in Moskau mit. Demnach ist das Finanzpolster, das zu den größten der Welt gehört, allein vom 13. bis 19. Dezember um 15,7 Milliarden Dollar geschrumpft. Hintergrund sind auch Stützungskäufe, um den Verfall des Rubel abzumildern.

Rückgang bis zu 50 Prozent

Die Russen machen deshalb deutlich weniger Urlaub im Ausland. Die Zahlen der Reisenden seien in diesem Jahr um 40 bis 50 Prozent im Vergleich zu 2013 gesunken, sagte die Direktorin der Vereinigung der Tourismusanbieter in Russland, Maja Lomidse. Betroffen ist auch Deutschland, das deutlich weniger Touristen aus Russland verbucht. Die Gründe für den Rückgang seien das mangelnde Vertrauen in die Wirtschaft und die sinkende Kaufkraft, weil der Rubel gegenüber westlichen Währungen wie dem Euro und Dollar massiv an Wert eingebüßt habe. Lomidse nannte aber auch "außenpolitische Faktoren".

Viele Russen berichten davon, dass sie sich im Westen angesichts der Sanktionen gegen ihr Land im Ukraine-Konflikt unerwünscht fühlen. Diese Lage habe letztlich zu massenhaften Pleiten bei den Reiseanbietern im Riesenreich geführt. Als beliebteste Reiseziele der Russen nannte Lomidse die Türkei und Ägypten.

In der Europäischen Union waren nach Darstellung der Expertin Griechenland und Spanien die begehrtesten Länder mit einem Anteil von jeweils sieben Prozent an der Gesamtzahl der russischen Touristen. Die Deutsche Botschaft in Moskau hatte auf Anfrage unlängst von einem Minus von 16 bis 20 Prozent gesprochen bei der Zahl der Visa-Anträge im Vergleich zum Vorjahr.

Rückgang in den Wintersportorten

Auch in den deutschen Wintersportorten gehören Touristen aus Russland längst zum Alltag in den Alpen. Doch seit dem Ukrainekonflikt und den damit verbundenen Sanktionen des Westens bleiben viele weg. Auch andere beliebte Urlaubsziele der Russen leiden - etwa Baden-Baden.

Schon seit der Zarenzeit ist der Kurort ein beliebtes Reiseziel für Russen. Nun spürt er die Trendwende empfindlich. Zwar hat es im Laufe der Jahrzehnte auch bei anderen ausländischen Gästen immer wieder mal größere Schwankungen gegeben. "Bei den russischen Gästen ist es aber das erste Minus seit 20 Jahren", sagt Tourismus-Chefin Brigitte Goertz-Meissner. Von Jänner bis September wurden bei Russen - dazu zählt die kommunale Statistik auch Ukrainer - 10 000 Übernachtungen weniger verzeichnet. Das sind 16,2 Prozent Rückgang zum Vorjahr. Gewöhnlich hat die "russischste Stadt" Deutschlands um die 80 000 Übernachtungen dieser Gruppe.

Von Dichtern wie Fjodor Dostojewski oder Iwan Turgenjew bis hin zu vielen Adeligen - Baden-Baden und Russland verbindet seit dem 19. Jahrhundert eine lange Geschichte. In jüngster Zeit freut sich der Kurort über eine wachsende Zahl an Gästen, die zu medizinischen Behandlungen, Kuren und Erholung kommen. "Für Baden-Baden ist es schade, wenn die Gäste von dort nicht mehr kommen", bedauert Goertz-Meissner. "Es sind Stammgäste in der Stadt." Mit Reiseveranstaltern von dort arbeite man aber "ganz normal" weiter. Immerhin ein Lichtblick: Der Rückgang der liebgewonnenen Russen wurde über einen Zuwachs an Gästen aus anderen Nationen aufgefangen.

Auch Garmisch-Partenkirchen betroffen

Von Jänner bis September sank die Zahl russischer Urlauber in Oberbayern um 4,4 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum, bei den Übernachtungen beläuft sich das Minus sogar auf 5,8 Prozent. Knapp 500.000 Übernachtungen waren es immerhin noch und nur deshalb so viele, weil zu Jahresbeginn der Ukrainekonflikt noch kein Thema war. Drastisch fällt der Rückgang im September aus, wie das Statistische Landesamt errechnet hat: minus 20 Prozent bei den Ankünften und minus 21 Prozent bei den Übernachtungen, jeweils gegenüber September 2013.

Einer der beliebtesten Urlaubsorte zahlungskräftiger Russen ist Garmisch-Partenkirchen. Die Skipisten und das staatliche Casino lockten lange Zeit Gäste etwa aus Moskau oder St. Petersburg an. Russische Millionäre kauften oder bauten sich sogar Zweitwohnsitze zu Füßen der Zugspitze. Doch nun verzeichnet auch Tourismusdirektor Peter Ries einen deutlichen Rückgang von Urlaubern aus Russland. 5,1 Prozent beträgt er seit Jahresbeginn bei der Gästezahl, 8,4 Prozent bei den Übernachtungen, jeweils verglichen mit dem Vorjahreszeitraum.