Die Erzdiözese Wien will weiterhin keine Räumung der Kirche, betonte Bischofsvikar Dariusz Schutzki. Er sieht ebenso wie Caritas und Diakonie die Politik gefordert. Das Innenministerium indes betont, die beim "Runden Tisch" vergangene Woche getroffenen Vereinbarungen eingehalten zu haben. Und im Bundeskanzleramt hieß es auf APA-Anfrage, man sei jederzeit gesprächsbereit, müsse bei den Forderungen der Flüchtlinge aber auch die Realisierbarkeit im Auge behalten.

"Von allen Seiten fotografiert"

Am frühen Morgen hatte die Wiener Polizei das Protest-Camp im Sigmund-Freud-Park, das dort seit 24. November bestand, geräumt. Die Behörden beriefen sich auf die Wiener Campierverordnung, die verletzt worden sei. Man sei von sich aus tätig gewesen, es habe kein Ersuchen von der Stadt Wien als Grundeigentümerin gegeben. Laut Polizei wurden zwei Personen nach dem Fremdenpolizeigesetz festgenommen, 19 Anzeigen seien nach der Kampierverordnung und fünf Anzeigen wegen sonstiger Verwaltungsübertretungen erstattet worden, teilte die Polizei mit. Bei 20 Personen seien Identitätsfeststellungen durchgeführt worden. Die Organisatoren des Camps beklagten in einer Aussendung, dass alle Zelte und das Inventar zerstört worden seien. Die Personen, die sich in den Zelten befanden, hätten sich vor diesen aufstellen müssen und seien "von allen Seiten fotografiert und gefilmt" worden.

Die Caritas, die gemeinsam mit den Johannitern die Betreuung der Flüchtlinge übernommen hat, zeigte sich von der Räumung "überrascht". In der Votivkirche selbst blieb vorerst alles beim Alten. Die Polizei betonte, man werde nur auf Wunsch der Erzdiözese tätig werden. Den wird es aber nicht geben, hielt Bischofsvikar Schutzki fest: "Eine Räumung in der jetzigen Situation schließen wir aus". Die Flüchtlinge drängen auf eine Lösung und wollen mit politisch Verantwortlichen reden. Rund 40 halten sich in der Votivkirche auf, 14 sollen im Hungerstreik sein. Sechs von ihnen wurden am Freitag wegen Kreislaufproblemen zumindest vorübergehend ins Krankenhaus gebracht. Zentrale Forderungen sind unter anderem bessere Standards in der Unterbringung, Zugang zum Arbeitsmarkt oder die Löschung ihrer Fingerprints, um woanders in der EU um Asyl ansuchen zu können.

Schutzki sowie der Wiener Caritas-Direktor Michael Landau und Diakonie-Chef Michael Chalupka versicherten den Flüchtlingen, dass man laufend versuche, der Regierung den Ernst der Lage klar zu machen. Eine Lösung in kurzer Zeit sei allerdings schwierig, gab Landau zu bedenken. Sowohl Landau als auch Chalupka zeigten sich enttäuscht, dass nach dem sogenannten "Runden Tisch" zur Causa, an dem auch Vertreter von Innenministerium und Bundeskanzleramt teilgenommen hatten, nichts weitergegangen sei. Der Wunsch, in weitere Gespräche über asylpolitische Fragen zu treten, sei ohne Konsequenzen verhallt.

Im Innenministerium hieß es dazu einmal mehr, man habe alle Vereinbarungen, die im Rahmen des Runden Tisches vergangene Woche getroffen worden waren, erfüllt. Es sei offen, ob es der Caritas - mit der man den "Hauptkontakt" in der Sache halte - gelinge, dass "alle Beteiligten" die Beschlüsse einhalten. Von Seiten der Flüchtlinge war weder das Angebot des Innenministeriums, in ihre Grundversorgungsquartiere zurückzukehren, noch jenes der Caritas zur Übersiedlung in ein Notquartier angenommen worden.

Im Bundeskanzleramt betonte ein Sprecher gegenüber der APA, man werde sich weiteren Gesprächsaufrufen nicht verschließen, die entsprechende Bereitschaft sei da. Was die konkreten Forderungen der Flüchtlinge beträfe, seien aber so manche kaum umsetzbar, wenn man sie realistisch betrachte: etwa, wenn - wie im Falle der Fingerprints - EU-Regelungen gelten.

Berufsdemonstranten aus dem Ausland

Die FPÖ hat attackierte nach der Räumung des Asyl-Camps die Caritas: Deren Haltung sei "unverständlich", meinte FP-Generalsekretär Harald Vilimsky. Die Grünen wiederum kritisierten die Regierung: Diese sei unfähig, die wahren Probleme der Asylpolitik an der Wurzel zu packen, so Menschenrechtssprecherin Alev Korun. Das BZÖ war froh, dass man durch die Camp-Räumung "linke Berufsdemonstranten aus dem Ausland" losgeworden sei.

Und die Wiener Sozialstadträtin sieht vor allem die Notwendigkeit besserer Asyl-Quartiere und rascherer Verfahren.