Die Meinungsforscher gehen aus heutiger Sicht mit ziemlicher Sicherheit davon aus, dass die Volksbefragung zur Wehrpflicht am 20. Jänner mit einer Mehrheit für das bestehende System und gegen die Einführung eines Berufsheeres ausgehen wird. OGM-Chef Wolfgang Bachmayer erklärte im Gespräch mit der APA, seiner Meinung nach gelinge der SPÖ die Mobilisierung "überhaupt nicht".

Bei der Beteiligung geht er von "einem Drittel plus minus" aus - "was schon ein sehr guter Wert ist". Dies liege aber weniger an der Mobilisierung durch die Parteien, "sondern einfach daran, dass dieses Thema doch sehr breitenwirksam ist und sich viele Menschen davon angesprochen fühlen und dazu eine Meinung haben." Das Thema werde immerhin seit rund drei Jahren politisch debattiert, so Bachmayer. Ähnlich die Einschätzung von David Pfarrhofer vom market-Institut: Die Obergrenze der Beteiligung beziffert er mit maximal 40 Prozent.

Verbleibende Zeit sei "wahnsinnig kurz"

Auch Pfarrhofer meint, es sehe so aus, als würde die Befragung zu Gunsten des bestehenden System ausgehen. Entscheidend sei die Mobilisierungsfrage. Einzige Chance der Berufsheer-Befürworter wäre es, sich in den verbleibenden Wochen stärker einzubringen - wenn die andere Seite gleichzeitig glaubt, es werde sich für die Wehrpflicht ohnehin ausgehen - dann könnte es noch knapp werden. Das glaubt auch Günther Ogris vom SORA-Institut: "Wenn sich die Sozialdemokraten reinhängen, ist noch etwas drinnen." Gleichzeitig relativiert er auch wieder: Immerhin habe die SPÖ bis dato ihre Wählerschaft nicht vom Berufsheer überzeugen können, und die verbleibende Zeit bis zur Befragung sei "wahnsinnig kurz".

Auch für den Meinungsforscher Peter Hajek (Public Opinion Strategies) spricht derzeit alles dafür, dass sich die Wehrpflicht-Befürworter durchsetzen werden - auch wegen "der drei emotionalen Anker" Zivildienst, Katastrophenschutz und dem "Altbekannten", zu dem Menschen immer dann tendieren würden, "wenn Neues nicht wahnsinnig gut erscheint", so Hajek. Laut den Befragungen seines Instituts waren Anfang Dezember 52 Prozent für die Beibehaltung der Wehrpflicht, 48 Prozent dagegen. "Das heißt, es geht in die Richtung Wehrpflicht", es sei aber "nicht so eindeutig", wie dies andere Umfragen glauben lassen.

Grundsätzlich meinen die Experten, dass sich die SPÖ mit dem Thema verschätzt habe. Das habe die Partei auch bereits erkannt, so Pfarrhofer, deshalb nehme außer Verteidigungsminister Norbert Darabos niemand dezidiert Stellung zur anstehenden Befragung - "da will niemand am 20. Jänner als Loser dastehen". Die SPÖ lasse Darabos "ziemlich alleine im Regen stehen, weil alle befürchten, dass es schwer zu gewinnen ist", so der Experte. Hajek meint, der Minister und die SPÖ hätten nicht vermitteln können, dass ein Berufsheer soviel besser als die derzeitige Situation sei.

Kampagnen nicht "spürbar"

Kampagnen der beiden betreibenden Parteien SPÖ und ÖVP sind für Bachmayer "nicht wirklich spürbar". Den Grund dafür sieht er darin, dass man "das Geld für den nächsten Nationalratswahlkampf aufspart". Das "große Trumpfass" für die ÖVP sieht Bachmayer in den "tausenden Organisationen im Land, die hinter der Wehrpflicht stehen" - er nennt etwa Feuerwehr, Bergwacht, Alpenverein oder die Hilfs- und Sozialorganisationen. Diese würden eine "Mobilisierung von unten" auslösen, glaubt der Experte.

Der SPÖ attestiert Bachmayer, sich bei diesem Thema "völlig verrannt" zu haben, Wiens Bürgermeister Michael Häupl habe das Thema "verballert" und Verteidigungsminister Norbert Darabos müsse die Suppe nun "auslöffeln". Er sieht einen taktischen Fehler der Sozialdemokraten - und jetzt "taumelt die ÖVP quasi in ihr Glück".

Dabei würde laut Umfragen in der Gesamtbevölkerung die Meinung zur Wehrpflicht sogar ausgeglichen sein, so Bachmayer. Entscheidend sei aber die Meinung jener, die auch wirklich zur Befragung hingehen, und unter denen sei die Mehrheit für die Beibehaltung der Wehrpflicht klar. Ein Problem der SPÖ sei auch, dass selbst unter deren Anhängern nur "eine schwache Mehrheit für das Berufsheer" zu finden sein.

Allzu viel Rückenwind dürfen sich weder SPÖ noch ÖVP von der Volksbefragung erwarten - unabhängig vom Ausgang. Es gebe "deutlich spannendere Dinge", meinte Pfarrhofer; außerdem sei der Weg zur NR-Wahl im Herbst noch ein langer. Ein Vorziehen der Nationalratswahl halten die Experten für unwahrscheinlich: Dies würde keiner der beiden Parteien nützen, und die ÖVP habe sich mit vorgezogenen Neuwahlen schon zu oft die Finger verbrannt, so Bachmayer.