Unter dem Eindruck anhaltender Proteste will der ägyptische Präsident Mohammed Mursi einem Pressebericht zufolge dem Militär schon bald Polizeiaufgaben übertragen. Die staatliche Tageszeitung "Al-Ahram" berichtete am Samstag, das Kabinett habe eine entsprechende Rechtsvorschrift erlassen.

Demnach soll die Armee dabei helfen, "die Sicherheit aufrechtzuerhalten und zentrale Staatseinrichtungen zu schützen". Sie solle dabei unter anderem zu Festnahmen befugt werden. Ab wann die Änderung gelten soll, wurde in dem Bericht nicht genannt.

Vor dem Präsidentenpalast hielten die Demonstrationen der Opposition gegen den Staatschef an. Bei Zusammenstößen mit islamistischen Unterstützern Mursis waren zuletzt sieben Menschen getötet und mindestens 350 verletzt worden.

Das Militär war in der Vergangenheit der Machtgarant ägyptischer Präsidenten. Nach dem Sturz von Hosni Mubarak übernahm zwischenzeitlich ein Militärrat die Macht. Zwei Monate nach seiner Wahl drängte Mursi im August die Generäle in den Hintergrund. In der aktuellen Krise zeigt das Militär bisher keine Ambitionen sich einzumischen.

Der jüngste Konflikt entzündete sich Ende November, als Mursi per Dekret seine Machtbefugnisse vor allem auf Kosten der Justiz erweiterte. Er rechtfertigte den Schritt damit, nur so könne die Verabschiedung einer Verfassung gesichert werden, über die am 15. Dezember das Volk entscheiden soll. Die Opposition läuft gegen das Referendum über die Verfassung Sturm. Sie kritisiert, dass der Entwurf maßgeblich die Handschrift der islamistischen Muslimbrüder trage.

Angesichts der politischen Krise in Ägypten hat die Armee alle Parteien zum Dialog aufgerufen. Ein Dialog sei der "beste und einzige Weg, eine Einigung zu erreichen", erklärten die Streitkräfte am Samstag in ihrer ersten offiziellen Reaktion auf die Krise. Ansonsten werde Ägypten in einen "dunklen Tunnel mit katastrophalen Folgen" geraten, und dies könne die Armee nicht zulassen.

Lage wieder beruhigt

Der Aufruf von Präsident Mohammed Mursi an die Opposition zu Gesprächen am Samstag war von dieser als "nicht ernsthaft" abgelehnt worden. Mursi seinerseits lehnt es bisher ab, auf die Forderungen der liberalen und säkularen Kräfte einzugehen, welche die Rücknahme eines Dekrets verlangen, mit dem Mursi vor zwei Wochen eigenmächtig seine Befugnisse erweitert hatte. Zudem fordern sie, dass das für den 15. Dezember angesetzte Referendum über die umstrittene Verfassung verschoben wird. In diesem Punkt zeigte sich Mursi zuletzt verhandlungsbereit.

In der Nacht auf Samstag beruhigte sich die Lage vor dem Präsidentenpalast in Kairo zunächst wieder. Rund hundert Demonstranten harrten Samstag früh noch vor dem Amtssitz im nördlichen Viertel Heliopolis aus, während Soldaten mit Panzern und Stacheldraht den Zugang zu der Anlage abriegelten.

Am Vorabend hatten sich mehr als 10.000 Gegner Mursis vor dem Palast versammelt, um gegen die Machtfülle des islamistischen Staatschefs und die von ihm geplante neue Verfassung zu protestieren. Zahlreichen Demonstranten gelang es dabei, die Absperrungen vor dem Palast zu überwinden, nicht jedoch ins Innere zu gelangen.

Die Menge rief "Verschwinde" und bezeichneten den Präsidenten als "Schaf" unter dem Befehl der mächtigen Muslimbruderschaft. Die Proteste blieben aber friedlich. In der Nacht auf Donnerstag waren nahe des Palasts bei Zusammenstößen zwischen Anhängern und Gegnern Mursis sieben Menschen getötet und hunderte verletzt worden.